Suchttherapie 2013; 14 - S_52_3
DOI: 10.1055/s-0033-1351605

Fallgruppen mit unterschiedlichem Risikoprofil im Maßregelvollzug §64 und ihr potentieller Nutzen für die Behandlungsplanung

A Buchholz 1, I Rosch 1, R Wolf 2
  • 1Medizinische Psychologie, UKE Hamburg-Eppendorf
  • 2Vitos-Klinik für, Forensische Psychiatrie, Hadamar

Einleitung: Zwischen 50 – 70% der Patienten im Maßregelvollzug gemäß §64 StGB beenden die Behandlung irregulär. Bisherige Befunde zu möglichen Prädiktoren sind sehr heterogen. Zudem wurde in den meisten Studien vorrangig diskutiert, ob diese Faktoren Hinweise auf eine Fehlzuweisung in den Maßregelvollzug ermöglichen. Ein weiterer vielversprechender Ansatz ist aber zu untersuchen, ob sich zu Beginn einer Maßnahme erfasste Risikofaktoren sinnvoll in die Behandlungsplanung integrieren lassen und eine bedarfsgerechtere Behandlung ermöglichen. Ziel dieser Studie war daher zunächst, mögliche Prädiktoren für einen ungünstigen Behandlungsverlauf zu identifizieren und anhand dieser Prädiktoren Fallgruppen mit ähnlichem Risikoprofil zu bilden.

Methode: Zwischen 2007 und 2012 wurden in der Vitos Klinik für forensische Psychiatrie Hadamar (Maßregelvollzug StGB §64) neu aufgenommene Patienten konsekutiv in die Studie eingeschlossen. Alle Patienten wurden zu Behandlungsbeginn mit dem MATE-Crimi interviewt und füllten einen soziodemographischen Fragebogen aus. Das Behandlungsergebnis wurde der Behandlungsakte entnommen. Zur Identifikation von Risikofaktoren und Bildung der Fallgruppen wurden Cox-Regressionen und Analysen latenter Klassen vorgenommen. Die Studie wird von der DFG gefördert.

Diskussion/Ergebnisse: Insgesamt konnten Daten von 357 Patienten in die Auswertung einbezogen werden, davon waren 12% Frauen. Zum Untersuchungszeitpunkt hatten 35,9% der Stichprobe die Behandlung vorzeitig beendet; ein substanzieller Anteil befand sich noch in Behandlung. Risikofaktoren für ein vorzeitiges Behandlungsende waren jüngeres Alter (< 30), geringere Behandlungsmotivation sowie ein Problemfokus auf der Suchterkrankung oder auf der Delinquenz. In der anschließenden Analyse latenter Klassen konnten drei verschiedene Patientengruppen identifiziert werden, die sich anhand ihrer Ausprägungen in den Risikofaktoren unterschieden.

Schlussfolgerung: In dieser Studie wurden drei Fallgruppen von Patienten mit unterschiedlichem Risikoprofil identifiziert. Vor allem hinsichtlich der Frage, welche Problematik im Vordergrund steht – das Suchtverhalten oder das kriminelle Verhalten – und der Behandlungsmotivation sind Behandlungspfade denkbar, die für diese Patienten spezifischere Angebote ermöglichen. Im nächsten Schritt wird ein Vorschlag für eine Zuordnung von Behandlungspfaden anhand der ermittelten Risikoparameter erarbeitet.