Bipolare Störung und Sucht

Einleitung: Die häufigsten Komorbiditäten bei bipolaren affektiven Störungen sind neben Angststörungen und Persönlichkeitsstörungen mit bis zu 42% Abhängigkeitserkrankungen. Die Lebenszeitprävalenz von Suchterkrankungen ist bei einer Bipolaren Störung vom Typ I höher als bei allen anderen psychiatrischen Diagnosen (Riger et al, JAMA 1990). Aus der Perspektive einer Suchtbehandlungseinrichtung verbergen sich in der Gruppe der Alkoholabhängigen eine nicht unerhebliche Anzahl von Patienten mit einer unerkannten Bipolaren Störung (Grunze, 2005). Dieser gut abgesicherten Evidenz müssen moderne Therapiekonzepte von Suchtbehandlungseinrichtungen Rechnung tragen.

Methode: Das Anton Proksch Institut Wien hat diesbezüglich eine Komorbiditätsstudie mit Schwerpunkt bipolare Störung bereits 2007 begonnen. Untersucht wurden 300 konsekutiv stationär aufgenommene PatientInnen in der 3. Woche des stationären Aufenthalts. Zur Anwendung kamen zahlreiche Fragebögen sowie das Diagnostische Kurz-Interview bei psychischen Störungen (MINI-DIPS) nach Magraf. Im Zentrum der Untersuchung stand die Frage nach der Eignung der Hypomania self-rating scale (HSRS/HCL32) nach Angst zur Erfassung hypomaner Episoden.

Diskussion/Ergebnisse: Rund 70% der Befragten stationär aufgenommenen PatientInnen wiesen Testergebnisse über dem Cut-Off Wert von auf. Bei knapp der Hälfte dieser PatientInnen mit Verdacht auf hypomane Episoden scorten zusätzlich im Fragebogen zur Depressionsdiagnostik nach DSM-IV (FDD) nach Kühner hoch. Fachärztlich bzw. psychologisch diagnostizierte hypomane Episoden fanden sich im Gegensatz zu den Selbstbeschreibungen der PatientInnen nur bei maximal 10% der stationären PatientInnen.

Schlussfolgerung: Die Diskrepanz zwischen Fragebogenerhebung und fachärztlicher/psychologischer klinischer Diagnostik zeigt einmal mehr den Bedarf nach einer exakten und ausführlichen Diagnostik der bipolaren Störung (insbesondere der Bipolar II Störung mit den Schwierigkeiten in der Erfassung hypomaner Episoden) auf.