Der Nuklearmediziner 2013; 36(03): 133-134
DOI: 10.1055/s-0033-1351265
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Editorial

M. Freesmeyer
,
F. C. Robiller
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Publication Date:
30 September 2013 (online)

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Dr. Martin Freesmeyer
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Dr. Franz Christoph Robiller

Das ist es, was ich den anatomischen Gedanken in der Medizin nenne. Ich behaupte, dass kein Arzt ordnungsgemäß über einen krankhaften Vorgang zu denken vermag, wenn er nicht imstande ist, ihm einen Ort im Körper anzuweisen.

Rudolf Virchow (1821–1902)

Die Einführung tomografischer Verfahren in die Bildgebung mit der Möglichkeit der überlagerungsfreien Darstellung krankhafter Prozesse war ein fundamentaler Schritt in der Entwicklung der diagnostischen Medizin. Bereits in den frühen 1960er-Jahren stellte David E. Kuhl den ersten transversalen Scanner für die Nuklearmedizin vor. Godfrey N. Hounsfield führte nach Vorarbeiten von Allen M. Cormack in den frühen 70er-Jahren den ersten Röntgen-Computertomografen in die Medizin ein. Seitdem ist die Bedeutung der Schnittbildtechniken sowohl in der radiologischen als auch in der nuklearmedizinischen Bildgebung stetig gewachsen. Zahlreiche technische Innovationen haben die Entwicklung vorangetrieben.

Das Wesen nuklearmedizinischer Bildgebung besteht in der Fähigkeit, auf molekularer Ebene metabolisch-funktionelle Prozesse sowie (sub-)zelluläre Strukturen sicher und effizient darzustellen. Die Sicherheit der anatomischen Zuordnung der Befunde jedoch ist methodenimmanent limitiert. Dieses grundlegende Problem hat folgerichtig zum Konzept der multimodalen Bildgebung (Hybridbildgebung) geführt. Um die Jahrtausendwende wurde PET/CT, kurze Zeit später SPECT/CT vorgestellt. In den letzten Jahren sind erste PET/MR-Geräte installiert und Vorarbeiten für die Entwicklung hybrider Ultraschallgeräte gemacht worden.

Insbesondere der Siegeszug der PET/CT hat gezeigt, welche Dynamik die Kombination morphologischer und metabolischer Modalitäten freizusetzen vermag. Die Vorteile der hybriden Methoden liegen dabei nicht nur in der besseren anatomischen Korrelation nuklearmedizinischer Befunde und der konsekutiv höheren Genauigkeit. Der Ersatz der quellenbasierten Schwächungskorrektur durch CT hat darüber hinaus zu einer Verkürzung der Untersuchungsdauer geführt. Die zeitliche Optimierung des klinischen Workflow sowie die Steigerung des Patientenkomforts sind weitere wichtige Aspekte.

Die erfolgreiche Etablierung von Hybridgeräten hat gezeigt, dass nuklearmedizinische und radiologische Verfahren in vielen Bereichen nicht kompetitiv, sondern als komplementär zu betrachten sind, und dass durch deren (nahezu) simultane Nutzung und die korrelierte Auswertung große Vorteile für die Patientenversorgung entstehen.

Mit der zunehmenden Anwendung von SPECT/CT und PET/CT im klinischen Alltag ist jedoch deutlich geworden, dass das Verständnis zwischen nuklearmedizinisch und radiologisch tätigen Ärzten von großer Bedeutung ist, um das Potenzial dieser Modalitäten im Interesse der Patienten und der medizinischen Wissenschaft vollumfänglich erschließen zu können.

In einem gemeinsamen Positionspapier von DGN und DRG, das 2012 in den Fachzeitschriften beider Gesellschaften erschienen ist, wird dem Thema der Hybridbildgebung breiter Raum gewidmet. Darüber hinaus wurde den objektiven Notwendigkeiten bei der Ausgestaltung der Fachkunden „Radiologie in der Nuklearmedizin“ (Rö8) und „Nuklearmedizin in der Radiologie“ (N3) Rechnung getragen.

Mit dem vorliegenden Themenheft „Der Nuklearmediziner“ wollen wir den oben genannten Ausspruch von Rudolf Virchow in die Welt der modernen Bildgebung übertragen und die Leserschaft einladen, den sprichwörtlichen „Blick über den nuklearmedizinischen Tellerrand“ zu wagen. Dabei setzt das Format quantitative Grenzen und führt zwangsläufig zu einer thematischen Unvollkommenheit, die Sie, liebe Leserinnen und Leser, den Gastherausgebern nachsehen mögen.

Die Computertomografie wird im Heft als korrelative Methode nuklearmedizinischer Verfahren (SPECT/CT, PET/CT) dargestellt, wobei der Bogen, ausgehend von fachlich-juristischen Aspekten, über technische Grundlagen, Aspekte der Strahlenexposition, Kontrastmittelsicherheit hin zu ausgewählten klinischen Themen, geschlagen wird. Obwohl die Auswahl der klinischen Beiträge auf Bereiche abzielt, in denen die CT häufig an Hybridgeräten zum Einsatz kommt, widmet sich das Heft fast ausschließlich den Aspekten der Computertomografie und räumt den nuklearmedizinischen Gesichtspunkten bewusst keinen Raum ein. Im Beitrag über das Zentralnervensystem allerdings wird auch der Stellenwert der MRT mit beleuchtet.

Das vorliegende Heft soll der geneigten Leserschaft dazu dienen, sich grundlegende Kenntnisse über die Computertomografie anzueignen und sich über deren Einsatz bei ausgewählten klinischen Themen zu informieren. Wir würden uns freuen, wenn der eine oder andere Kollege es z. B. in Vorbereitung auf die ­Erlangung der Fachkunde „Radiologie in der Nuklearmedizin“ nutzen würde.