Geburtshilfe Frauenheilkd 2013; 73(9): 866-870
DOI: 10.1055/s-0033-1350812
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Hormontherapie. Mammakarzinom: Substanzklassen für die endokrine Therapie

Martin Hellriegel
,
Gerd Bauerschmitz
,
Günter Emons
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Publication Date:
11 October 2013 (online)

Einleitung

Die adjuvante endokrine Therapie wird seit über 30 Jahren in der Behandlung des hormonrezeptorpositiven Mammakarzinoms angewandt. Bei überschaubarem Nebenwirkungsprofil erhöht die endokrine Therapie die Überlebenswahrscheinlichkeit der Patientinnen und verbessert ihre Heilungsrate: die Ergebnisse der aktuellen Metaanalyse der Early Breast Cancer Trialistsʼ Collaborative Group (EBCTCG) zeigen, dass die adjuvante 5-jährige Hormontherapie mit Tamoxifen das Risiko, an Brustkrebs zu versterben, über einen Nachbeobachtungszeitraum von 15 Jahren signifikant um etwa ein Drittel bzw. absolut um 9,2 % senkt.

Ungefähr 75–85 % aller Mammakarzinome gelten als hormonsensibel, da ihre Zellen die nukleären Hormonrezeptoren überexprimieren. Im Rahmen der Primärdiagnostik erfolgt die qualitätsgesicherte immunhistochemische Bestimmung des Hormonrezeptorstatus am Paraffinschnitt bzw. bereits standardisiert am Karzinomgewebe der Stanzbiopsie. Das Ansprechen auf eine endokrine Therapie wird bei einem Hormonrezeptorgehalt ab 1 % der Zellen angenommen, wobei die endokrine Sensitivität mit der Stärke der Rezeptorexpression positiv korreliert ist. Wenn sich keine Rezeptoren anfärben lassen (0 %), gilt diese Therapieform als wirkungslos.

Ziel der endokrinen Therapie ist es, lokal am Brustgewebe die Östrogenrezeptoren und die von hier ausgehenden kaskadenartigen, mitogenen Signalwege über verschiedene Strategien zu hemmen. Daher wird die endokrine Therapie des Mammakarzinoms als die erste rezeptorgerichtete Behandlung in der Onkologie bezeichnet, die über verschiedene Prinzipien angewandt werden kann:

  1. Hormonentzug: In der Prämenopause kann die ovarielle Suppression reversibel durch Gonadotropin-Releasing-Hormon-Agonisten (GnRH-Analoga) erzielt werden. Eine irreversible Suppression wird durch die radiotherapeutische Ovarablation (Radiomenolyse) oder durch die beidseitige Ovarektomie erreicht. In der Postmenopause werden zur Suppression der peripheren Östrogenproduktion Aromatasehemmer eingesetzt.

  2. Rezeptorblockade: Altersunabhängig können die Hormonrezeptoren durch selektive Rezeptormodulatoren (Tamoxifen) oder durch Antiöstrogene (Fulvestrant) blockiert werden.

Zur Durchführung der endokrinen Therapie beim hormonrezeptorpositiven Mammakarzinom gibt es klare, evidenzbasierte Therapieempfehlungen, die in den Interdisziplinären S3-Leitlinien für die Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms (2012) der Deutschen Krebsgesellschaft e. V. und der Deutschen Krebshilfe e. V. zusammengefasst sind, und Therapieoptionen, die sich aus aktuellen Studienergebnissen ergeben.

Merke

Ab einem Hormonrezeptorgehalt von 1 % ist mit einem positiven Ansprechen auf eine endokrine Therapie des Mammakarzinoms zu rechnen.