Dialyse aktuell 2013; 17(4): 169
DOI: 10.1055/s-0033-1348053
Editorial
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Das liebe Geld

Christian Schäfer
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Publication Date:
23 May 2013 (online)

Geld – wenn man es hat, macht es einen vielleicht nicht zwingend glücklich, aber wohl vieles einfacher und angenehmer. Schaut man sich einmal die Gesundheit an, bekommt das „Haben“ oder „Nichthaben“ von Geld eine etwas andere Dimension als nur größeren Komfort: Die Art der Verteilung von Geldern im Gesundheitssystem könnte bald auch in Deutschland einen immer größeren Einfluss auf die Behandlungs-qualität von Patienten haben. Was heißt das nun konkret? Für Dialysepatienten heißt es zum Beispiel, sich angesichts aktueller Entwicklungen unangenehme Fragen stellen zu müssen: Werde ich in Zukunft noch medizinisch optimal versorgt? Ist das Personal ausreichend geschult, das mich während der komplexen Dialysebehandlung betreut? Wird es irgendwann so sein, dass vielleicht nicht mehr alle Dialysepatienten versorgt werden (können)? Gibt es in diesem Fall eine Altersgrenze oder ein Losverfahren? Werde ich dann einfach sterben (und das ziemlich qualvoll), weil ich keinen festen Dialyseplatz mehr habe?

Das klingt nun nach einem für heutige Verhältnisse unrealistischen Schreckensszenario. Ich möchte allerdings erwähnen, dass es in den Anfängen der sich etablierenden Hämodialysebehandlung von chronisch Nierenkranken tatsächlich so ähnlich war: Nicht immer konnte man aufgrund der mangelnden Verfügbarkeit von Dialyseplätzen und den Kosten für die Behandlung alle Patienten dialysieren, wenn es medizinisch indiziert war (auch nachzulesen im Supplement S1/2012 zur „Dialysetechnik“ im Beitrag ab Seite S6). Diese Patienten waren durch die ausbleibende Therapie bald dem Tode geweiht. Natürlich war es gut, dass es endlich und überhaupt eine immer besser verfügbare Behandlungsmöglichkeit gab. Für diejenigen, die dann trotzdem nicht davon profitieren konnten, war es aber umso schlimmer.

Es wäre äußerst ungut, wenn sich in Zukunft aufgrund von Kürzungen ohne Not ähnliche Zustände ergäben – denn es gilt damals wie heute: Patienten mit terminaler Niereninsuffizienz sind auf eine Nierenersatztherapie angewiesen, um überleben zu können. Ein Nierentransplantat – immer noch die beste Möglichkeit, um den Auswirkungen der Erkrankung zu entgehen – kann heutzutage längst nicht jeder Nierenkranke und nicht jeder so schnell wie nötig bekommen: Zu groß ist bekanntermaßen der Mangel an Spenderorganen. Die Dialyse ist daher die Therapie, auf die viele Patienten mit terminaler Nierensuffizienz ausweichen müssen.

Es betrifft somit die Sicherheit der Patienten, wenn es um die Kürzung der Dialyse-Sachkosten-Pauschale geht: Wenn gespart wird, dann wahrscheinlich am teuren Fachpersonal, an Materialien und an der Dialysezeit pro Patient. Wie auch Vertreter der BANP (Bundesarbeitsgemeinschaft Nephrologische Pflege) auf Seite 178 dieser Ausgabe der Dialyse aktuell schreiben, ist eine sichere Dialyse nur mit genügend und gut ausgebildetem Fachpersonal zu erzielen. Die Betreuung der Patienten und das Verständnis für die Funktion der Technik erfordert einen hohen pflegerischen Aufwand und einen ganzheitlichen Ansatz. Angesichts der steigenden Zahlen an multimorbiden, dementen und alten Dialysepatienten und des sich manifestierenden Fachkräftemangels in Deutschland ist dies mit künftig weniger verfügbarem Geld wohl noch schwerer zu meistern.

Welche Wellen dies alles schlägt, kann man u. a. an Folgendem sehen: Der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags beschäftigt sich mit einer Petition von Nierenkranken, die circa 65 000 Unterschriften sammeln konnten. Die Hürde von 50 000 Mitzeichnern zu überspringen, damit sich der Ausschuss mit der Entscheidung zur Reduktion der Dialysepauschalen beschäftigt, wurde somit locker geschafft. Es bleibt zu hoffen, dass sich noch etwas dreht.

Ich möchte Ärzte und Pflegende in diesem Sinne weiter dazu ermuntern, mit ihren (und für ihre) Patienten zusammen zu stehen. Steigen Sie gemeinsam in ein Boot und/oder bleiben Sie dort – denn eigentlich gibt es nur dieses eine.