Geburtshilfe Frauenheilkd 2013; 73 - P34
DOI: 10.1055/s-0033-1347806

Prozessoptimierung zur Reduktion unnötiger Blutgruppenbestimmung in der Geburtshilfe mit Einsparpotential von über 100.000 € pro Jahr

VR Jacobs 1, D Wertaschnigg 1, M Schulte 2, M Wald 3, E Rohde 2, T Fischer 1
  • 1UK Frauenheilkunde & Geburtshilfe
  • 2UK Blutgruppenserologie & Transfusionsmedizin
  • 3UK Kinder- & Jugendheilkunde, Div. Neonatologie, Paracelsus Medizinische Universität, Salzburg

Fragestellung: Peripartale maternale und postpartale kindliche Blutgruppen (BG)-Bestimmung wird bei einem stationären Spitalsaufenthalt oft gewohnheitsmässig und automatisch als „Serviceleistung“ mitbestimmt, ohne dass eine medizinisch zwingende Rationale vorliegt. Hierdurch werden Arbeitsprozesse wie Blutabnahme, Anforderung, Transport, Blutlaborbestimmung, Dokumentation, etc. ausgelöst sowie Kosten für den Kostenträger Spital verursacht, die vermeidbar sind. Für die Universitätsfrauenklinik der SALK/PMU wurde in einem Pilotprojekt das Einsparpotential quantifiziert sowie Maßnahmen zur Optimierung initiiert. Methodik: Mittels Kennzahlanalyse wurde die Anzahl der BG-Bestimmung im Verhältnis zu Schwangeren bzw. Neugeborenen und Geburten festgestellt. Es wurde eine interdisziplinäre Definition der medizinisch sinnvollen Zielgruppe zur BG-Bestimmung festgelegt. Das Einsparpotential wurde durch die Anzahl der vermeidbaren BG-Bestimmungen in Verbindung mit den Kosten der BG-Bestimmung quantifiziert. Für die Umsetzung wurde eine Dienstanweisung für das gesamte medizinische Team erstellt; die Kontrolle der Zielparameter erfolgt im Intervall. Ergebnisse: Bei 2.286 Geburten im Jahr 2011 wurden n = 3.223 BG-Bestimmungen in der Wochenbettpflege durchgeführt, somit 1,4 BG-Bestimmungen pro Patientin. Bei n = 2.286 neugeborenen Kindern in 2011 wurden n = 1.879 BG-Bestimmungen durchgeführt, somit erfolgt bei fast allen Neugeborenen eine BG-Bestimmung. Für die Kosten der BG-Bestimmung „Type and Screen“, bestehend aus ABO + Rh-Faktor + AK-Test, liegen derzeit keine hausinternen Verrechnungspreise vor. Die medizinische Notwendigkeit für maternale Blutgruppenbestimmung wurde im Konsens der beteiligten Fächer Geburtshilfe, Neonatologie und Transfusionsmedizin bei ansonsten gesunden Schwangeren auf einmalig im Hause bzw. nach Mutterschaftsrichtlinien und bei Neugeborenen auf rh-negative maternale BG, Frühgeburtlichkeit > 28+0. SSW, maternale BG O sowie unbekannte maternale BG festgelegt. Das Einsparpotential wurde auf der Wöchnerinnenstation mit n = 2.073 und im Neugeborenenzimmer mit n = 846 BG-Bestimmungen pro Jahr quantifiziert was einem Marktpreis von über 100.000 € entspricht. Die zeitgleich eingesparte Arbeitszeit und Einmalartikel wurden nicht quantifiziert, erhöhen das Einsparpotential aber zusätzlich. Schlussfolgerung: Durch Prozessoptimierung ist eine wirtschaftlichere Patientenversorgung im Klinikalltag möglich. An diesem Beispiel wird aufgezeigt, dass Ärzte Kosten und Arbeitsabläufe steuern und damit sogar zur Qualitätssteigerung beitragen können. Eine interne Leistungsverrechnung sowie Budgetverantwortung für Kliniken unterstützen eine diesbezügliche Optimierung.