Geburtshilfe Frauenheilkd 2013; 73 - P16
DOI: 10.1055/s-0033-1347788

Effekte physiologisch niedriger Sauerstoffkonzentration (5% v/v) auf die embryonale Entwicklung, Implantations- und klinische Schwangerschaftsrate

L Sela 1, N Rogenhofer 1, K Friese 1, CJ Thaler 1, V von Schönfeldt 1
  • 1Hormon- und Kinderwunschzentrum, Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München, Campus Großhadern

Fragestellung: Embryonen der meisten Mammalia-Spezies, einschließlich des Menschen, sind in Ovidukt und Uterus Sauerstoffkonzentrationen (O2) von maximal etwa 8% (v/v) ausgesetzt [Yedwab 1976, Fisher 1993], menschliche Embryonen werden in vitro aber häufig noch bei atmosphärischen Sauerstoffkonzentrationen von etwa 21% (v/v) kultiviert. Eine Verminderung des Sauerstoffvolumenanteils könnte demnach möglichen Zellschädigungen durch freie Sauerstoffradikale vorbeugen und so die Erfolgsaussichten in ART-Programmen optimieren. Allerdings sind die Ergebnisse klinischer Studien hierzu noch widersprüchlich: So konnten frühe Studien zunächst keinen positiven auf Schwangerschafts- und Geburtenrate nach ART nachweisen [Dumoulin 1995; Kea 2007], während spätere prospektive und randomisierte Untersuchungen höhere Blastulations-, Implantations- und Lebendgeburtenraten beschreiben [Kovacic 2009, 2010; Meintjes 2009].

Wir haben vor kurzem unser Kultursystem auf „Desk-Top“-Inkubation bei verminderter Sauerstoffkonzentration von 5% (v/v) umgestellt und berichten hier über die Effekte auf Blastulations-, Implantations- und klinische Schwangerschaftsrate in unserem überwiegend auf Tag-5-Embryotransfers ausgerichteten ART-Programm. Methodik: In einer retrospektiven Kohortenstudie haben wir den Ausgang von 72 Routine-IVF/ICSI-Zyklen verglichen. Bei 36 Zyklen waren die Embryonen in einem Mischgas mit 5% O2 kultiviert worden (Gruppe 2). Diese Zyklen wurden jeweils mit einem vorangegangenem Zyklus derselben Patientin verglichen (n = 18, Gruppe 1), bei denen die Embryonen noch bei 21% O2 kultiviert worden waren, oder – bei Patientinnen im ersten IVF/ICSI-Zyklus – mit Zyklen IVF-naiver Patientinnen gleichen Alters mit gleichem Stimulationsprotokoll und gleicher Eizellzahl (n = 18, Gruppe 1), deren Embryonen ebenfalls noch bei 21% O2 kultiviert worden waren. Endpunkte waren die Ermittlung von Blastulations-, Implantations- und klinischer Schwangerschaftsrate. Ergebnisse: Embryonen aus der Kultur bei 5% O2 wiesen signifikant höhere Blastulationsraten [51,2%± 2,5 vs. 36,0%± 3,3 p = 0,002], Implantationsraten [38,9% vs. 19,4%, p = 0,019] und klinische Schwangerschaftsraten [58,3% vs. 33,3%, p = 0,034] auf, als solche aus der Kultur bei 21% O2. Sowohl die Fertilisationsrate [75,8%± 3,3 vs. 76,1%± 2,4, p = 0,92] als auch das Durchschnittsalter der Patientinnen [34,7 vs. 34,1, p = 0,61] waren in beiden Gruppen gleich. Schlussfolgerung: Bei der in vitro-Kultur menschlicher Embryonen bis zum Blastozystenstadium verbessert eine verminderte O2-Konzentration in unserem ART-Programm sowohl die Blastulationsrate als auch die Implantations- und klinische Schwangerschaftsrate deutlich.