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DOI: 10.1055/s-0033-1347758
Schwierige pränatale Beratungssituation und offene Prognose bei schwerer uteroplazentarer Insuffizienz in der 25. SSW
Einleitung: Bei komplizierten Schwangerschaftsverläufen an der Grenze der extrauterinen Lebensfähigkeit müssen Geburtshelfer und Neonatologen mit den werdenden Eltern im Konsens über das weitere Vorgehen entscheiden. Da hierfür keine einfachen Entscheidungskriterien oder Leitlinien existieren, befinden sich Ärzte und Eltern in einem rechtlichen und ethischen Konflikt, dem die Literatur nur begrenzt Rechnung trägt. Gesellen sich zur Frühgeburtlichkeit zusätzliche Risikofaktoren für das kindliche Outcome, ist die Entscheidungsfindung noch schwieriger. Der vorliegende Fall demonstriert dieses Dilemma anhand einer schwersten uteroplazentaren Insuffizienz in der 25. SSW, positiver Entscheidung für das Kind und überraschend gutem neonatalen Verlauf.
Casus: Bei der 28-jährigen 1. Gravida war ein mit Metoprolol behandelter chronischer Hypertonus bekannt. Im Übrigen waren Klinik und Anamnese unauffällig. In der 24+3 SSW stellte sich die Patientin mit nachlassenden Kindsbewegungen ambulant vor und wurde bei auffälliger Kontrollsonografie noch am selben Tag stationär eingewiesen. Für das fetale Monitoring während der stationären Betreuung wurde das konventionelle CTG und das Oxford-CTG genutzt.
Sonografisch zeigte sich ein mit ca. 543 g wachstumsretardierter Fetus mit leicht hyperechogenem Darm. Bei hypoplastischer Vorderwandplazenta wurde dopplersonografisch eine schwerste uteroplazentare Insuffizienz mit fetaler Kreislaufzentralisation diagnostiziert (pathologischer arterieller und venöser Flow mit Zeichen der Dekompensation). Bei im Oxford-CTG guter Kurzzeitvariation wurde trotz der schlechten fetalen Prognose einvernehmlich mit der Patientin zunächst die Prolongation bis zur 25+0 SSW mit RDS-Prophylaxe angestrebt. Die im Verlauf dramatische Verschlechterung des Oxford-CTGs und die fehlenden Kindsbewegungen veranlassten uns zu einem erneuten Beratungsgespräch mit Planung der primären Sectio caesarea mit uterinem Längsschnitt für die 24+6 SSW. Der 493 g (3. Perzentile) schwere Junge wurde in toto mit intakten Eihäuten entbunden und sofort intensivmedizinisch weiterbetreut (APGAR 2/5/7). Es erfolgten Intubation und Beatmung, Surfactantgabe, wiederholte Volumengaben und Natriumbicarbonat-Pufferungen mit nur langsam regredientem Laktat. Die schlechte kardiale Kontraktilität und die schlechte periphere Organperfusion erforderten die Kreislaufunterstützung mit hohen Dobutamindosen über 6 Tage. Nach Extubation des Kindes erst am 11. Lebenstag war der weitere Verlauf entgegen der anfänglichen kritischen Einschätzung relativ unkompliziert, mit rascher Entwöhnung von der Atemunterstützung und voll enteraler Ernährung ab dem 40. Lebenstag. Die neurologische Entwicklung war unauffällig. Mit 38+3 SSW zeigte sich die Gewichtsentwicklung perzentilengerecht, sodass die Entlassung geplant werden konnte.
Diskussion: Die Betreuung bei schwerer uteroplazentarer Insuffizienz am Rande der Überlebensfähigkeit ist eine Herausforderung für die betreuenden Ärzte. Verlässliche Prognosen über das neonatale Risiko sind pränatal schwer zu treffen, da nur Geburtsgewicht und Gestationsalter harte Prognosefaktoren für die spätere kognitive und neuromotische Entwicklung sind. Aufgrund der zu erwartenden pränatalen Schädigung wäre alternativ ebenso ein abwartendes Vorgehen mit Inkaufnahme eines IUFT denkbar gewesen. Dieser Fall illustriert die Schwierigkeit solcher perinatologischer Entscheidungen.