Hintergrund: Die Eklampsie wird als Sonderform der Präeklampsie gesehen und ist mit einer Inzidenz von ca. 1:2000 bis 1:3500 ein seltener Notfall in der Frauenheilkunde. Nicht selten haben die Patientinnen auch kurz vor dem Anfall kaum Symptome bzw. Prodromalzeichen, und aufgrund der hohen mütterlichen und kindlichen Mortalität stellt die Eklampsie sowohl diagnostisch als auch therapeutisch nach wie vor eine große Herausforderung in der Geburtshilfe dar.
Case Report: Eine gesunde 28-jährige Erstgravida stellt sich in der SSW 38+2 in unserer Ambulanz zur Geburtsvorbereitung vor. Es zeigt sich im Ultraschall ein eutropher Fetus mit normaler Fruchtwassermenge, unauffälliger Plazentamorphologie und normalem Doppler der Arterie umbilicalis. Die Urinanalyse war bis eine minimale Proteinurie (1+ im Urinstix) unauffällig, keine Ödeme, normaler Blutdruck mit 132/85 mm Hg, keine klinischen Hinweise auf Präeklampsie. In der routinemäßig durchgeführten Blutanalyse (sog. „Gestoselabor“: Blutbild, CRP, Gerinnung, Elektrolyte, Leberfunktionsparameter, Nierenfunktionsparameter) zeigten sich bis auf eine milde Thrombopenie von 100 G/l keine Anzeichen auf ein HELLP Syndrom. Am nächsten Abend wurde die Frau mit fraglich beginnender Wehentätigkeit im Kreissaal aufgenommen. Das durchgeführte Kontrolllabor zeigte wiederum eine Thrombopenie von 87 G/l und erstmalig eine grenzwertig erhöhte GOT von 48 U/l (< 35), jedoch RR-Werte und Harn unauffällig, die Patientin klinisch beschwerdefrei. In der darauffolgenden Nacht entwickelte die Erstgravida dann deutlich erhöhte Blutdruck-Werte, welche mit Methyldopamin gesenkt werden konnten, eine i.v. Magnesiumtherapie zur Eklampsieprophylaxe wurde begonnen. Am darauffolgenden Morgen um 7 Uhr wurde dann wegen der neuaufgetretenen Hypertonie mit 3 mg Dinoproston Vaginaltablette die Geburt eingeleitet. Zwei Stunden später entwickelte die Frau einen generalisierten tonisch-klonischen Krampfanfall mit Zungenbiss, welcher mit Magnesium hochdosiert i.v. gestoppt werden konnte. Bei persistierender fetaler Bradykardie wurde die Indikation zur Notfallsectio gestellt. Ein vitales Mädchen mit 3500 g, unauffälligem APGAR bzw. pH und Base excess wurde entwickelt. Intraoperativ wurde dann nochmals eine Blutabnahme angeordnet: Dabei zeigte sich ein fulminantes HELLP Syndrom mit einer Thrombopenie von 29 G/l, GOT 654 U/l, GPT 322 U/l und Quick 58%. Postoperativ zeigten sich im Schädel-MRT der Entbundenen mehrere ischämische Areale und eine kleine intrazerebrale Blutung, die Patientin erholte sich dennoch ohne bleibende Schäden. Retrospektiv wurde dann aus den 3 Blutabnahmen der sFlt1/PlGF Quotient bestimmt, wobei sich bereits bei Erstvorstellung in der Ambulanz ein erhöhter Wert von 109 (normal < 85) zeigte, bei der 2. Kontrolle (34 Stunden später) stieg der Wert dann auf 119 und intraoperativ war der Marker auf 386 (14 Stunden später) fast vervierfacht.
Diskussion: Dieser Fall konnte zeigen, dass der sFlt1/PlGF Quotient bereits zu einem Zeitpunkt pathologisch war, als es klinisch bis auf eine grenzwertige Thrombopenie noch keinen Hinweis auf eine Präeklampsie bzw. HELLP Syndrom gab. Weiters scheint der fulminante Anstieg des Markers im Verlauf von wenigen Stunden gut mit dem klinischen und laborchemischen Verlauf zu korrelieren.