Senologie - Zeitschrift für Mammadiagnostik und -therapie 2013; 10 - A132
DOI: 10.1055/s-0033-1347667

Kontralateral prophylaktische Mastektomie: ein Trend made in USA?

S Schmid 1, ME Myrick 2, WP Weber 3, U Güth 4, 5, 6
  • 1Spital Grabs, Frauenklinik, Grabs, Schweiz
  • 2Inselspital Bern, Universitätsklinik für Kinderchirurgie, Bern, Schweiz
  • 3Universitätsspital Basel, Klinik für Allgemeinchirurgie, Basel, Schweiz
  • 4Universitätsspital Basel, Abt. für Gynäkologie und Gyn. Onkologie, Basel, Schweiz
  • 5Kantonsspital Winterthur, Klinik für Gynäkologie, Winterthur, Schweiz
  • 6Kantonsspital Winterthur, Brustzentrum SenoSuisse, Winterthur, Schweiz

Zielsetzung: In den letzten Jahren haben zahlreiche Studien aus den USA einen klaren Trend zu deutlich gestiegenen Raten an kontralateral-prophylaktischen Mastektomien (KPM) beim Mammakarzinom gezeigt. Dieser radikale operative Ansatz wurde bisher für Patientinnen mit familiärer Hochrisikokonstellation (z.B. aus BRCA1/2-positiven Familien) empfohlen. Außerhalb dieser Risikokollektive konnte aber bisher keine Verbesserung der Langzeitprognose erwiesen werden. Unsere Studie präsentiert die erste Analyse von KPM-Raten an einer Kohorte unselektionierter europäischer Mammakarzinompatientinnen.

Material & Methoden: Ausgewertet wurden 881 Patientinnen (≤80 years), die zwischen 1995 und 2009 an der Universitäts-Frauenklinik Basel wegen invasiven Mammakarzinomen (Stadium I-III) operiert wurden.

Ergebnisse: Bei 23 Patientinnen (2,6%) wurde eine KPM vorgenommen. Das mediane Alter dieser Frauen betrug 54 Jahre (range: 29 – 68 Jahre). Im Gesamtkollektiv erhielten 330 Patientinnen (37,5%) eine Mastektomie der karzinombefallenen Brust; 7,0% der mastektomierten Frauen erhielten eine KPM.

Über die Beobachtungsperiode von 15 Jahren blieb die Rate an KPM stabil niedrig. Verglichen mit der Gesamtkohorte unserer Mammakarzinompatientinnen waren Frauen, welche die Option der KPM wählten, signifikant jünger (54 vs. 60 Jahre, p < 0,001), sie wiesen häufiger eine belastete Familienanamnese auf (39,1% vs. 24,4%, p = 0,032) und hatten häufiger invasiv-lobuläre Karzinome (30,5% vs. 13,9%, p = 0,035).

Zusammenfassung: Unsere Analyse an KPM-Raten eines Europäischen Brustzentrums konnte den Trend der erheblich steigenden KPM-Raten in den USA nicht nachvollziehen. Eine mögliche Erklärung für diese unterschiedliche Entwicklung zwischen den USA und Europa könnte ein unterschiedliches medizinisch-soziales und kulturelles Umfeld sein, welches sich unter anderem auch in der öffentlichen Wahrnehmung des Brustkrebses und der allgemeinen Akzeptanz gegenüber plastisch-chirurgischen Brusteingriffen zeigt.