Der Klinikarzt 2013; 42(05/06): 219
DOI: 10.1055/s-0033-1347101
Zum Thema
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Demenzen

Georg Gahn
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
16. Juli 2013 (online)

Benötigen wir ein weiteres Themenheft über Demenzen? Müssen wir uns wieder mit dieser „entgeistigenden“ Krankheit auseinandersetzen? Die Tageszeitungen und Talkshows widmen sich regelmäßig diesem Thema, ebenso die wissenschaftliche Literatur. Schwierig ist es aber, als Ärztin oder Arzt, mit beiden Beinen im klinischen Alltag stehend, im Krankenhaus oder in der Praxis, komprimiert und sachlich fundiert eine Übersicht zu diesem Thema in einem überschaubaren Rahmen zu erhalten, der es ermöglicht, die entscheidenden Schritte in der Diagnostik und Therapie von Patienten mit kognitiven Störungen einzuleiten.

Hierbei geraten wir schnell an unsere Grenzen, da bei der Diagnostik, Therapie, Patienten- und Angehörigenbetreuung Anspruch und Wirklichkeit oft weit voneinander entfernt liegen. Grundlage für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Patienten und deren Angehörigen ist aber eine sachliche Auseinandersetzung mit dem Thema Demenz, die erst eine entsprechende Aufklärung und Information ermöglicht. Unsere ursachenbezogenen therapeutischen Möglichkeiten sind sehr begrenzt. Umso wichtiger ist der frühzeitige Hinweis auf prophylaktische Maßnahmen. Andererseits sind die Anstrengungen und auch die Fortschritte im Verständnis der verschiedenen Demenzformen beeindruckend. Zu Beginn meiner Ausbildung hat kaum jemand über eine Demenz beim Morbus Parkinson gesprochen. Heute gehört sie – wie die anderen Formen der degenerativen Demenzen – schon fast zum Standardwissen. Der Morbus Binswanger war früher die einzige Form der vaskulär bedingten Demenzen. Mit dem zunehmenden Interesse an den zerebrovaskulären Krankheiten auch in Deutschland und der Etablierung der Stroke Units hat bei uns eine ganz andere Auseinandersetzung mit dem Thema der vaskulären Demenzen eingesetzt. Wie sehr hat uns als eine infektiöse Ursache einer Demenz die Creutzfeld-Jacob-Erkrankung beschäftigt und wie eindrucksvoll und tragisch ist die Behandlung solcher Patienten noch heute? Andererseits geraten wir täglich durch die zahlenmäßige Zunahme der Demenzkranken in schwierige und häufig auch unübersichtliche Situationen, zumal uns Zeit- und Kostendruck immer weniger Spielräume übrig lassen. Schließlich geraten jetzt wiederum andere, uns eher ungewohnte Krankheiten wie die Neuro-Lues in den Fokus, aber auch kognitive Störungen bei der Multiplen Sklerose oder beim Neuro-AIDS. So haben wir gemeinsam in diesem Heft versucht, einen weiten Bogen zu spannen, zwischen den degenerativen, den vaskulären und den selteneren Ursachen der Demenz, gepaart mit alltagstauglichen Empfehlungen für die Diagnostik, Behandlung von an einer oder doch meist mehreren Demenzformen erkrankten Patienten.