Zusammenfassung
Die Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) ist eine terminale und progressive multisystemische
Erkrankung. Verlust der Mobilität und der verbalen Kommunikationsfähigkeit stellen
die Kardinalsymptome dar. Verschiedene Studien der letzten Jahre zeigen, dass trotz
der Fatalität der Erkrankung die Patienten ein gutes Wohlergehen angeben. Demnach
ist eine psychosoziale Anpassung bei der ALS möglich. Parameter des guten Wohlergehens
sind eine positive subjektive und globale Lebensqualität und eine gegenüber der gesunden
Bevölkerung nur leicht erhöhte Depressionsrate. Trotz einer signifikanten Reduzierung
der körperlichen Funktion kann das Wohlergehen der Patienten konstant positiv verlaufen.
Patienten zeigen im Verlauf eine Veränderung ihrer lebensqualitätsbestimmenden Faktoren:
Familie wird von 100% der Patienten genannt, Kommunikation gewinnt an Bedeutung. Angehörige
und gesunde Außenstehende, die den Prozess der Anpassung aus ihrer Perspektive nur
unzureichend erfassen können, unterschätzen das Wohlergehen der Patienten. Lebensqualität
wird unterschätzt und Depressivität wird überschätzt. Die bei der ALS beschriebenen
kognitiven Defizite und damit einhergehend eine reduzierte Reflexionsfähigkeit könnten
als mögliche Ursache für das gute Wohlergehen angenommen werden, die derzeitige Evidenzlage
unterstützt dies jedoch nicht. Das mögliche gute Wohlergehen und die Diskrepanz von
Fremd- und Selbsterleben sind wichtige Faktoren, die in Bezug auf Entscheidungen bezüglich
Lebensverlängerung und -verkürzung mit in Betracht gezogen werden müssen.
Abstract
Amyotrophic lateral sclerosis (ALS) is a terminal and progressive disease which affects
different parts of the nervous system. Loss of mobility and verbal communication are
the most obvious symptoms of ALS. Recent studies have provided evidence that patients
experience a satisfying well-being despite the fatality of the disease. Accordingly,
successful psychosocial adaptation is possible in ALS. Parameters of well-being are
a positive subjective and global quality of life and an only mildly increased depression
rate compared to the average population. Despite the decline of physical function,
positive well-being can be stable throughout the course of ALS. Patients present a
response shift in parameters which determine their quality of life: family is named
by 100% of ALS patients and communication becomes increasingly important. Caregivers
and healthy outsiders are unable to anticipate this good well-being because they can
hardly anticipate the process of psychosocial adaptation from their own perspective.
Quality of life is underestimated and depression is overrated. Cognitive deficits
which are known to be present in up to 50% of patients may be confounding factors
of well-being, however, up to now there is no evidence of lack of association. The
positive well-being and the discrepancy between self-rating and peer assessment are
important issues which need to be regarded in the context of decisions to prolong
or shorten life in ALS.
Schlüsselwörter
ALS - Lebensqualität - Depression - Kognition - Fremdbeurteilung
Key words
ALS - quality of life - depression - cognition - peer assessment