Aktuelle Dermatologie 2013; 39(10): 411-426
DOI: 10.1055/s-0033-1344716
Abstracts
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Frankfurter Dermatologentagung

6. November 2013, Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Universitätsklinikum, Goethe-Universität, Frankfurt am MainAnnual Frankfurt Dermatology MeetingNovember 6, 2013, Department of Dermatology, Venerology and Allergology, University Hospital, Goethe-University Frankfurt, Main
F. Ochsendorf
Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie (Direktor: Prof. Dr. med. R. Kaufmann), Universitätsklinikum Frankfurt
,
J. Lechner
Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie (Direktor: Prof. Dr. med. R. Kaufmann), Universitätsklinikum Frankfurt
,
R. Kaufmann
Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie (Direktor: Prof. Dr. med. R. Kaufmann), Universitätsklinikum Frankfurt
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
11. Oktober 2013 (online)

Xanthoma disseminatum

J. Kleemann

Anamnese: Die Vorstellung des 2-jährigen, aus Syrien stammenden Jungen erfolgte in unserer Hochschulambulanz wegen seit dem 4. Lebensmonat bestehenden gelb-bräunlichen Papeln. Diese begannen im Gesicht und breiteten sich im Verlauf auf Thorax und Extremitäten aus.

Untersuchungsbefund: Der 2-jährige Junge war ansonsten gesund. Im Gesicht, v. a. an den Wangen und den Augen, sowie am Stamm und vereinzelt den Extremitäten fanden sich zahlreiche hyperpigmentierte, gelb-braune asymptomatische Papeln, die teilweise konfluierten ([Abb. 1 a]). Außerdem zeigten sich 3 Cafe-au-lait-Flecken am Abdomen. Die Schleimhäute waren unauffällig.

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Abb. 1a Xanthoma disseminatum: rotbraune Papeln im Gesicht. b Xanthoma disseminatum: dermale Infiltrate (HE, 200 ×). c Xanthoma disseminatum: akanthotisches Epithel mit verlängerten Reteleisten und basaler Hyperpigmentierung, S100-positive Langerhans-Zellen in der Epidermis vorhanden, nicht jedoch in der Dermis (100 ×).
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Dermatohistologischer Befund: Man sah ein akanthotisches Epithel mit verlängerten Reteleisten und basaler Hyperpigmentierung. In der oberen Dermis, teils intraepidermal, fanden sich dichte Infiltrate aus kleinen und mittelgroßen monomorphen Zellen mit wabigem Zytoplasma (CD1a, [Abb. 1 b]). Immunhistochemisch waren in der Epidermis die Langerhanszellen und Langerin-positive Zellen, teils herdförmig, vermehrt, in der Dermis waren nur einzelne Zellen CD1a- bzw. Langerin-positiv. Die dermalen Infiltrate waren CD68-positiv und S100-negativ ([Abb. 1 c]). Die Proliferationsrate der Zellen war sehr gering.

Therapie und Verlauf: Klinisch und histologisch wurde die Diagnose eines Xanthoma disseminatum gestellt. Eine systemische Beteiligung konnte ausgeschlossen werden (u. a. unauffällig: augenärztlicher Befund, Röntgen-Thorax, cMRT, Sono-Abdomen, Echokardiografie), laborchemisch bestand lediglich eine hypochrome Anämie, kein Diabetes insipidus. Eine kausale Behandlung gibt es nicht, Spontanremissionen sind möglich. Derzeit erfolgen jährliche dermatologische Kontrollen.

Kommentar: Bei Xanthoma disseminatum handelt es sich um eine seltene, nichtlipämische Systemerkrankung aus dem Formenkreis der Non-Langerhans-Zellhistiozytosen (ca. 100 Fallberichte). Männer sind 2 – 3-mal häufiger betroffen als Frauen. Die Krankheit kann in jedem Alter beginnen, 50 % der Patienten erkranken vor dem 25. Lebensjahr, häufig bereits im Kindesalter (ca. 38 %). Eine familiäre oder geografische Häufung fand sich nicht. Typisch sind die teilweise konfluierenden braun-gelben bis rötlichen Papeln, Knoten und Plaques im Gesicht (v. a. Lider), an Extremitätenbeugeseiten und den Intertrigines. Der Befund entsteht durch Lipid-Ablagerungen sekundär nach Proliferation sog. histiozytärer Zellen.

Histologisch typisch ist eine diffuse dermale Infiltration durch Makrophagen und Touton-Riesenzellen, Plasmazellen und Neuotrophile. Immunhistochemisch typisch ist ein Nachweis von CD68-positiven und S100- und CD1a-negativen Infiltraten in der Dermis.

Die Erkrankung kann einerseits nur die Haut (mit und ohne Spontanremission nach Jahren) oder auch innere Organe befallen (progressive Form). Dann entstehen die Xanthome aus histiozytären, lipidhaltigen Schaumzellen auch an der Schleimhaut, den Meningen und anderen Organen. Bei Befall der Meningen der Hypophyse entsteht häufig ein Diabetes insipidus. Ein Schleimhautbefall des oberen Respirationstrakts führt zu Atemwegsobstruktionen.

Eine kurative Therapie für Xanthoma disseminatum ist bisher nicht bekannt. Eine spontane Remission ist möglich. Initial und im Verlauf sind klinische Kontrollen zum Ausschluss einer systemischen Beteiligung, vor allem eines Diabetes insipidus, erforderlich. Störende Xanthome können exzidiert, mit CO2-Laser oder flüssigem Stickstoff abgetragen werden. Bei schweren Manifestationen wurde in Einzelfällen über gute Therapieeffekte mit Cyclophosphamid bzw. kürzlich Cladribin (2-Chlorodeoxyadenosin) berichtet.


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Literatur

1 Carpo B, Grevelink S, Brady S, Gellis S, Grevelink J. Treatment of Cutaneous Lesions of Xanthoma Disseminatum with a CO2 Laser. Dermatol Surg 1999; 25: 751 – 754

2 Alexander A, Turner R. Xanthoma disseminatum: a case report and literature review. Br J Radiol 2005;78: 153 – 157

3 Khezri F, Gibson LE, Tefferi A. Xanthoma disseminatum: effective therapy with 2-chlorodeoxyadenosine in a case series. Arch dermatol. 2011;147: 459 – 464

4 Seaton ED, Pillai GJ, Chu AC. Treatment of xanthoma disseminatum with cyclophosphamide. Br J Dermatol 2004;150: 346 – 349


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