Diabetologie und Stoffwechsel 2013; 8 - P278
DOI: 10.1055/s-0033-1341938

Die postprandiale Verarbeitung von Nahrungsreizen im menschlichen Gehirn wird durch Variation im Übergewichts-Risiko-Gen FTO beeinflusst

M Heni 1, 2, 3, S Kullmann 2, 3, R Veit 4, 5, C Ketterer 1, 2, 3, H Staiger 1, 2, 3, F Machicao 2, 3, HU Häring 1, 2, 3, H Preissl 2, 3, 4, A Fritsche 1, 2, 3
  • 1Medizinische Universitätsklinik, Tübingen, Germany
  • 2Institut für Diabetesforschung und Metabolische Erkrankungen des Helmholtz Zentrums München an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen, Tübingen, Germany
  • 3Deutsches Zentrum für Diabetesforschung e.V. (DZD), Neuherberg, Germany
  • 4Eberhard-Karls-Universität, Tübingen, Germany
  • 5Institut für Medizinische Psychologie und Verhaltensneurobiologie, Eberhard-Karls-Universität, Tübingen, Germany

Genetische Variation im FTO-Lokus ist die stärksten bekannte genetischen Determinante des Körpergewichts. FTO wird vor allem im zentralen Nervensystem stark exprimiert. Beim Menschen gibt es Hinweise, dass Variation in FTO die Nahrungsaufnahme und Präferenz bestimmter Lebensmittel beeinflusst. Wie genau dieses Gen die Verarbeitung von Nahrungsreizen im Gehirn beeinflusst ist bisher weitgehend unklar.

Vor kurzem konnten wir die spezifischen Wirkungen von oraler Glukoseaufnahme auf die zentralnervöse Verarbeitung von Nahrungsreizen beim Menschen charakterisieren. In der nun vorgestellten Arbeit haben wir untersucht, wie diese postprandiale Reaktion durch genetische Variation im FTO-Lokus beeinflusst wird.

24 gesunde Probanden wurden für den mit Übergewicht assoziierten Polymorphisms FTO SNP rs8050136 genotypisiert. Alter, Geschlecht und BMI waren zwischen Risiko-Allel- und Nicht-Risiko-Allel Trägern nicht signifikant unterschiedlich (alle p-Werte ≥0,5). Die Teilnehmer wurden zu drei Zeitpunkten (0, 30 und 120 Minuten) nach dem Trinken einer 75 g Glukose-Lösung oder derselben Menge Wasser an zwei Tagen in randomisierter Reihenfolge während visueller Stimulation mit Essensbildern mit funktioneller Kernspintomografie (fMRI) untersucht.

30 Minuten nach Glukoseaufnahme zeigten sich signifikante Unterschiede in der Verarbeitung von Essensbildern im präfrontalen Kortex (p = 0,0017) zwischen den FTO Genotypen. Nach Wasseraufnahme traten diese Unterschiede nicht auf. Nicht-Risiko-Allel Träger reagierte auf Glukoseaufnahme mit einem leichten Anstieg der evozierten Aktivität. Im Gegensatz dazu zeigten Probanden mit dem Risiko-Allel für Übergewicht eine signifikante Reduktion der Aktivität.

In Vorarbeiten hatten wir gezeigt, dass diese spezifische Region auf Insulin reagiert. Daher haben wir mögliche Wechselwirkungen zwischen dem FTO-Genotyp und Veränderungen des Insulin-Spiegels nach oraler Glukoseaufnahme analysiert. Interessanterweise gab es keine solche Interaktionen (ANCOVA p = 0,6).

Der präfrontale Kortex spielt eine zentrale Rolle in der inhibitorischen Kontrolle der Nahrungsaufnahme. Die reduzierte postprandiale Aktivität bei Risiko-Allel-Trägern könnte also zu erhöhter Nahrungsaufnahme und damit dem Risiko für Adipositas beitragen.