Diabetologie und Stoffwechsel 2013; 8 - P237
DOI: 10.1055/s-0033-1341897

Geringe Alltagsbelastung bei heranwachsenden Patienten durch Typ 1 Diabetes

JM Rajab 1, R Schweizer 1, F Liebrich 1, R Braun 1, J Kranz 1, E Serra 1, M Lösch-Binder 1, A Neu 1
  • 1Universitätsklinikum Tübingen, Tübingen, Germany

Fragestellung: Zur leitliniengerechten Versorgung jugendlicher Patienten mit Typ 1 Diabetes zählt neben einer guten Stoffwechseleinstellung eine normale somatische und psychische Entwicklung. Gemeinhin gilt die Zeit der Pubertät und Adoleszenz als schwierige Altersphase. Das Diabetesmanagement stellt in dieser Zeit eine besondere Herausforderung dar. Die individuelle Belastung durch eine chronische Krankheit variiert stark und ist von somatischen, familiären und psychosozialen Faktoren abhängig. Problemfelder zu analysieren, Versorgungsdefizite aufzudecken und dadurch Ansatzpunkte für eine gezielte Unterstützung zu bieten, war Ziel der vorliegenden Untersuchung.

Methodik: Im Rahmen der ambulanten Routinevorstellung wurden 80 Patienten einer pädiatrischen Diabetesambulanz befragt. Die Befragung erfolgte mithilfe der deutschen Version des Screening-Fragebogens für Depression und emotionale Probleme PAID (Problem Areas in Diabetes). Erfragt wurden 4 Problemfelder: Diabetesassoziierte Probleme, behandlungsspezifische Probleme, Probleme im Umgang mit der Ernährung und Fragen zur psychosozialen Situation. Die Befragung erfolgte im Zeitraum 08/2012 bis 12/2012. Die Fragebogenergebnisse wurden durch Informationen aus den Patientenakten ergänzt. Die HbA1c-Messung erfolgte mittels der DCA 2000-Methode.

Für die Dokumentation und Auswertung wurde die Software Microsoft Excel verwendet. Als vergleichende Zielwerte für die metabolische Kontrolle wurden die Empfehlungen der International Society for Pediatric and Adolescent Diabetes (ISPAD) herangezogen.

Ergebnisse: Die befragten Patienten (29 Mädchen, 51 Jungen) waren im Mittel 17,4 Jahre alt (range 14 – 22 Jahre) und hatten eine mittlere Diabetesdauer von 7,9 Jahren (range 1,3 – 18,3 Jahre). Der mittlere HbA1c-Wert lag im Zielbereich der ISPAD-Guidelines bei 7,45% (range 5,8 – 11,3%). Mädchen zeigten einen geringfügig höheren HbA1c-Wert (7,64%) als Jungen (7,35%). In allen Altersgruppen fand sich insgesamt eine geringe Alltagsbelastung durch die Erkrankung. Im Vordergrund standen diabetesassoziierte Probleme (Akzeptanz, Folgeerkrankungen). Der praktische Umgang mit Diabetes im Alltag (Blutzuckermessung, Spritzen) dagegen ist für die meisten Heranwachsenden ein nachgeordnetes Problem. Unter den konkreten Alltagssituationen wurde insbesondere der Umgang mit der Ernährung als problematisch beschrieben. Das Bedürfnis nach emotionaler und sozialer Unterstützung steigt tendenziell mit dem Alter, die Unterschiede sind jedoch nicht signifikant.

Schlussfolgerungen: Die emotionale Belastung durch den Typ 1 Diabetes und die Schwierigkeiten im Umgang mit dieser Erkrankung war bei den untersuchten Heranwachsenden gering. Trotzdem wünschen sich junge Menschen mit zunehmender Ablösung vom Elternhaus vermehrt emotionale Unterstützung im Umgang mit ihrer Erkrankung durch ihre Umgebung. Ob die Ergebnisse mit der überwiegend guten Stoffwechseleinstellung der Patienten in Zusammenhang stehen, bleibt offen.