Diabetologie und Stoffwechsel 2013; 8 - P235
DOI: 10.1055/s-0033-1341895

Persönlichkeitsvariablen von Menschen mit Diabetes mellitus Typ 1 und Typ 2 beeinflussen Sozialstatus und Behandlungserfolg

F Zillich 1, W Keweloh 2, K Wick 2, N Müller 2, C Kloos 2, T Lehmann 3, G Wolf 2, UA Müller 2
  • 1Universitätsklinikum Jena, Institut für Psychosoziale Medizin, Jena, Germany
  • 2Universitätsklinikum Jena, Innere Medizin III, Jena, Germany
  • 3Universitätsklinikum Jena, Institut für Medizinische Statistik, Jena, Germany

Hintergrund: Menschen mit niedrigem Sozialstatus wiesen bei Erstvorstellung zur Diabetestherapie in einer Spezialambulanz an der Universität einen schlechteren HbA1c auf. Der Unterschied konnte im Verlauf der Behandlung, die strukturierte Schulungs- und Behandlungsprogramme sowie regelmäßige Vorstellungen beinhaltet, eingeebnet werden. Wir untersuchten, ob Persönlichkeitsvariablen einen Zusammenhang mit Sozialstatus und Therapieerfolg aufweisen.

Methodik: Querschnittsuntersuchung bei Diabetes mellitus Typ 1 (DM 1) und Typ 2 (DM 2) an einer Hochschulambulanz über 3 Monate (n = 669, davon n = 162 DM 1 (Alter 52,2, Diabetesdauer 20,1 Jahre, HbA1c 7,51%, BMI 26,6 kg/m2), n = 507 DM 2 (Alter 67,4 Jahre, Diabetesdauer 15,4 Jahre, HbA1c 7,31%, BMI 32,9 kg/m2). Erhoben wurden: Resilienzskala (RS-13 Leppert et al., 2008), Behandlungszufriedenheit (DTSQ standard Bradley, 1994), Persönlichkeitsvariablen im Big Five Inventory (BFI-S John&Rammstedt, 2005) mit Neurotizismus (NE), Extraversion (EX), Gewissenhaftigkeit (GW), Verträglichkeit (VG), Offenheit für neue Erfahrungen (OH) und der Sozialstatus ((SZS), Winkler, 1999) nach Ausbildungsniveau, beruflicher Position und Haushaltseinkommen (Score 3 – 21). Die Behandlungsqualität wurde durch HbA1c, Blutdruck, BMI und Auftreten von Hypoglykämien charakterisiert.

Ergebnisse: Der SES war bei DM 1 und DM 2 nur gering divergent (DM 1 12,7 vs. DM 2 11,7). Bei DM 1 ist höherer SES mit einer höheren OH (R = 0,237 [0,942;4,305], p < 0,01) und einer geringeren Ausprägung von NE (R =-0,172 [-2,655;0,371], p < 0,01) assoziiert. In der Subgruppenanalyse der höchsten und niedrigsten Werte der Persönlichkeitsvariablen war eine höhere GW (13,02 vs. 10,91, p < 0,05) mit einem höheren SZS korreliert sowie einer deutlich höheren RES (75,02 vs. 61,48, p < 0,01) und EX (3,22 vs. 2,86, p < 0,01). Stärkere Ausprägung von NE (11,5 vs. 13,6, p < 0,05) war mit einem niedrigeren SZS sowie einer niedrigeren RES (73,45 vs. 62,71, p < 0,01) assoziiert.

Bei DM 2 ist ein höherer Sozialstatus mit einem höheren Score für EX (R = 0,347 [0,277; 1,642]; p < 0,01), GW (R = 0,434 [0,058; 1,764], p < 0,05), OH (R = 0,422 [0,986; 2,643], p < 0,01) und RES (r = 0,172, p < 0,01) assoziiert, jedoch mit einer geringeren Ausprägung von NE (r =-0,102, p < 0,05).

Unterschiede im SZS erklären bei DM 1 im Modell mit HbA1c und Diabetesdauer 59% des mittleren HbA1c, p < 0,05, bei DM 2 53% (R = 0,283 [-0,081; -0,018], p < 0,01).

Schlussfolgerungen: Höherer Sozialstatus geht mit größerer Gewissenhaftigkeit und weniger ausgeprägtem Neurotizismus einher. Bei erhöhten Werten für Neurotizismus sollten eine Depression oder andere psychiatrischen Erkrankungen abgeklärt werden. Resilienz scheint ebenfalls mit einem höheren Sozialstatus einherzugehen. Ob hierbei ein höherer Sozialstatus eine erhöhte Resilienz bedingt oder umgekehrt, muss derzeit offen bleiben. Sowohl bei DM 1 wie DM 2 ist höherer Sozialstatus mit einem besseren Behandlungserfolg assoziiert.