Diabetologie und Stoffwechsel 2013; 8 - P198
DOI: 10.1055/s-0033-1341858

Glinidtherapie bei jugendlichen HNF1A-MODY-Patienten (MODY 3)

M Becker 1, A Galler 1, K Raile 1, 2
  • 1Charité, Virchowklinikum, Berlin, Germany
  • 2Experimental and Clinical Research Center (ECRC), Kooperation zwischen Charité und Max-Delbrück-Centrum, Berlin, Germany

Fragestellung: HNF1A-MODY (MODY 3) wird durch eine heterozygoten HNF-1α Gendefekt verursacht und ist charakterisiert durch eine zunehmende Dysfunktion der Glukose-abhängigen Insulinsekretion. Die aktuelle ISPAD-Guideline empfiehlt Sulfonylharnstoffe als Mittel der ersten Wahl. In erwachsenen HNF1A-MODY-Patienten führen Glinide im Vergleich zu Sulfonylharnstoffen zu einer besseren postprandialen Glukosekontrolle und zu einem reduzierten Hypoglykämierisiko. Bei pädiatrischen HNF1A-Patienten wurde die Glinidtherapie bislang nicht untersucht. In unserem Zentrum behandeln wir HNF1A-Patienten nach molekulargenetischer Diagnosesicherung mit Gliniden und haben die Daten unserer Patienten mit der Frage nach Effektivität und Sicherheit ausgewertet.

Methodik: Fallberichte über den longitudonalen Verlauf der 3 bei uns betreuten pädiatrischen HNF1A-Patienten vor und nach Um- bzw. Einstellung auf eine Glinidtherapie.

Ergebnisse: Patientin 1 (Mutation im HNF-1α Gen: c.872dupC (p.Gly292ArgfsX25)) wurde mit 12 Jahren asymptomatisch durch eine molekulargenetische Diagnostik aufgrund der HNF1A-MODY-Erkrankung ihres Vaters diagnostiziert. Ihr HbA1c bei Diagnosestellung lag bei 7,4%. Nach Einstellung auf eine Repaglinidtherapie sank er auf 5,2%.

Patient 2 (Mutation im HNF-1α Gen: 2c162 T>C(p.Leu54 Pro)) fiel mit 14 Jahren mit einer asymptomatischen Hyperglukosurie auf. Der HbA1c bei Diagnose lag bei 7,0%. Er wurde initial auf eine intensivierte Insulintherapie (ICT) eingestellt und nach der molekulargenetischen HNF1A-MODY-Diagnose zunächst auf Glibenclamid umgesetzt. Aufgrund von nächtlichen Hypoglykämien wurde die Therapie im Verlauf auf Nateglinid umgesetzt. Unter Nateglinid hatte er keine Hypoglykämien mehr bei einer sehr guten Stoffwechselkontrolle (HbA1c 6,2%).

Patientin 3 (Mutation im HNF-1α Gen: c.1192C>T(p.Gln398Stop)) entwickelte mit 11 Jahren diabetestypische Symptome (Polyurie, Polydipsie), der HbA1c lag bei 10,1%. Sie wurde unter der Diagnose eines Antikörper-negativen Diabetes mellitus Typ 1 auf eine ICT eingestellt. Nach molekulargenetischer HNF1A-MODY-Diagnose wurde die Therapie auf Repaglinid umgestellt. Bei der adipösen Patientin (BMI SDS +2,2) konnte keine zufriedenstellende Stoffwechseleinstellung unter Repaglinid erreicht werden, so dass wir zusätzlich NPH Insulin (0,27U/kg/d) einsetzten. Unter dieser Kombinationstherapie sank der HbA1c auf 8,2% ohne einen weiteren BMI-Anstieg.

Schlussfolgerungen: In unseren jugendlichen HNF1A-Patienten war die Glinidtherapie erfolgreich und wurde gut toleriert. Insbesondere waren Hypoglykämien deutlich seltener unter der Glinidtherapie als unter einer Insulin- oder Sulfonylharnstofftherapie. Wir empfehlen daher, die Glinidtherapie als erste Therapieoption in pädiatrischen HNF1A-MODY-Patienten zu erwägen.