Diabetologie und Stoffwechsel 2013; 8 - P131
DOI: 10.1055/s-0033-1341791

Nach welchen Prinzipien führen Patienten mit Typ-1-Diabetes mellitus ihre Insulindosisanpassungen durch?

G Kramer 1, B Sanow 1, N Müller 1, C Kloos 1, G Wolf 1, UA Müller 1
  • 1Universitätsklinikum Jena, Innere Medizin III, Jena, Germany

Einleitung: Die tägliche Insulindosisanpassung auf Grund unterschiedlicher Blutglukosewerte, Zufuhr von Kohlenhydraten, Erkrankungen und/oder sportlicher Aktivitäten ist Voraussetzung für die Vermeidung von Stoffwechselentgleisungen. In den Schulungsprogrammen für Pat. mit Typ-1-Diabetes wird die Anpassung umfangreich geschult und geübt. Ziele dieser prospektiven Untersuchung waren, die theoretische Überprüfung der Anpassung mittels eines Fragebogens mit 5 Fallbeispielen, die Erfragung nach welchen Prinzipien die Dosisanpassung durchgeführt wird und die Analyse der Patientencharakteristika.

Methoden: In einer Hochschulambulanz für Endokrinologie/Stoffwechselerkrankungen wurden vom 01.08 – 31.10.2012 insgesamt 117 Pat. mit Diabetes mellitus Typ-1 eingeschlossen (HbA1c 7,9%, Alter 53J., 46,2% Frauen, Diabetesdauer 23,6J, BMI 27,7 kg/m2). Die Anzahl der täglichen Insulindosisanpassungen wurde anhand des Diabetestagebuches aus den letzten 28 Tagen ermittelt. Die Art der Insulinanpassung, der KE bzw. Korrekturfaktor wurden durch ein strukturiertes Interview erfasst. Zur Überprüfung der Anwendung von KE- und Korrekturfaktor erfolgte an 5 Fallbeispielen. Alle Pat. nahmen in der Vergangenheit an einem strukturierten Behandlungs- und Schulungsprogramm teil, 53 (45,7%) innerhalb der letzten 3 Jahre.

Ergebnisse: 59 (49,4%) Pat. haben mindestens 4 von 5 Anpassungsbeispielen richtig gelöst und 14 Pat. (11,9%) 1 bis 3 Beispiele. Bei 44 Pat. (37,6%) waren alle Anpassungsbeispiele falsch beantwortet. Etwa die Hälfte aller Pat. gaben an, den gemessenen Blutglukosewert nach Korrekturfaktor bzw. Korrekturschema anzupassen. Die zweite Hälfte benutzte keine Regel, sondern korrigierte stets nach Gefühl. Vergleicht man diese 2 Gruppen, so ergeben sich keine Unterschiede hinsichtlich des HbA1c-Wert (7,8 ± 0,9 vs. 7,9 ± 1,0 p = 0,56), der nicht schweren Hypoglykämien/Woche (1,4 ± 2,0 vs. 1,5 ± 1,4 p = 0,91) sowie der Anzahl der schweren Hypoglykämien im letzten Jahr (0,04 ± 0,2 vs. 0,14 ± 0,4 p = 0,56). Nur insgesamt 5 Pat. (4,7%) wendeten die 1/10 Korrekturregel an. Ihren mahlzeitenbezogenen KE-Faktor konnten 89 (76,7%) und den dazugehörenden Korrekturfaktor bzw. das Korrekturschema konnten 76 (65,5%) aller Pat. benennen. Bei erhöhten Blutglukosewerten gaben 26 Pat. (22,4%) an, einen Spritz-Ess-Abstand "immer" bzw. "häufig" und 36 (31,4%) "manchmal" bzw. "selten" durchzuführen. Für 53 Pat. (45,7%) stellte dies "nie" eine Option dar. 103 Pat. (88,8%) führten ein Tagebuch. Die durchschnittliche Anzahl der täglichen Insulindosisanpassungen betrug bei diesen Pat. 2,6 ± 1,3.

Schlussfolgerungen: Obwohl alle Pat. mindestens einmal an einem strukturierten Behandlungs- und Schulungsprogramm teilgenommen hatten, konnten etwa 1/3 aller Teilnehmer die Fallbeispiele nicht richtig beantworten. Pat., welche ihre tägliche Insulindosisanpassung aus Erfahrung vornehmen, waren hinsichtlich ihrer Stoffwechselqualität vergleichbar mit denen, welche einen Korrekturfaktor bzw. ein Korrekturschema verwendeten.