Diabetologie und Stoffwechsel 2013; 8 - P130
DOI: 10.1055/s-0033-1341790

Welche Effekte hat eine Verbesserung der Hypoglykämiewahrnehmung bei Teilnehmern des Hypoglykämiewahrnehmungstrainings „HyPOS“ auf das Wohlbefinden sowie auf das Ausmaß von diabetesbezogene Belastungen und Hypoglykämie-Ängsten?

B Maier 1, N Hermanns 1, B Kulzer 1, M Krichbaum 1, T Haak 1
  • 1Diabetes Zentrum Mergentheim, Bad Mergentheim, Germany

Fragestellung: Die Studie untersucht die mittelfristigen Auswirkungen einer interventionsbedingten Verbesserung der Hypoglykämiewahrnehmung auf das psychosoziale Wohlbefinden bei Typ-1-Diabetikern.

Methodik: Bei 65 Teilnehmern (Alter 46,2 ± 11,8J.; Diabetesdauer 20,7 ± 10,7J.; HbA1c 7,2 ± 0,9%; 50% weiblich) des ambulanten Schulungsprogramms „HyPOS“ (6 UE) wurde mithilfe des HAQ-Fragebogens (Clarke et al., 1995) die Hypoglykämiewahrnehmung zu Beginn (t0) und zum 6-Monats Follow-up (t2) erfasst. Teilnehmer mit einem HAQ-Score (0 – 7) > 3 wurden als „unaware“ kategorisiert. Zum 6-Monats Follow-up wurden „Responder“ (t0: „unaware“, t2: „aware“) und „Non-Responder“ (t0: „unaware“, t2: „unaware“) hinsichtlich des Wohlbefindens (WHO-5), des Ausmaßes diabetesbezogener Belastungen (PAID) sowie Hypoglykämie-Ängsten (HFS) verglichen.

Ergebnisse: Zur Baseline zeigte sich eine vergleichbare Qualität der Hypoglykämiewahrnehmung bei Respondern (n = 35) und Non-Respondern (n = 30). Non-Responder wiesen jedoch ein höheres Alter (p < 0,03), eine längere Diabetesdauer (p = 0,003) sowie ein beeinträchtigteres Wohlbefinden (p < 0,02) auf. Zum 6-Monats Follow-up beschrieben Teilnehmer mit einer verbesserten vs. einer weiterhin defizitären Hypoglykämiewahrnehmung ein tendenziell besseres Wohlbefinden (16,9 ± 4,2 vs. 14,6 ± 5,9; p < 0,07). Weiterhin beschrieben Responder ein signifikant geringeres Ausmaß an diabetesbezogenen Belastungen (19,0 ± 13,1 vs. 29,5 ± 14,2; p = 0,003). Die Itemanalyse ergab bei Respondern eine reduzierte Sorge vor Hypoglykämien (PAID Item 9: 1,3 ± 1,2 vs. 2,4 ± 1,1; p < 0,0001), eine geringere Belastung durch unangenehme Situationen (PAID Item 4: 0,6 ± 0,6 vs. 1,3 ± 1,2; p < 0,01) und ein geringer ausgeprägtes Gefühl, mit dem Diabetes alleine zu sein (PAID Item 17: 0,4 ± 0,6 vs. 1,0 ± 1,0; p = 0,005). Im Hinblick auf Hypoglykämie-Ängste beschrieben Responder ein geringeres Ausmaß an Vermeidungs- und Sicherheitsverhalten (HFS-B: 20,1 ± 5,6 vs. 22,8 ± 4,8; p < 0,05) und weniger Sorgen um Unterzuckerungen (HFS-W: 20,1 ± 11,8 vs. 27,8 ± 11,5; p = 0,01). Dabei gaben Responder an, weniger Blutzuckerkontrollen in sozialen Situationen durchzuführen (HFS-B Item 10: 2,4 ± 1,4 vs. 3,2 ± 0,8; p < 0,01). Ebenso beschrieben sie eine geringere Sorge, einen Unfall zu verursachen (HFS-W Item 10: 1,7 ± 1,3 vs. 2,5 ± 1,3; p < 0,03) und hatten weniger Befürchtungen, in verantwortungsvollen Situationen nicht klar denken zu können (HFS-W Item 12: 1,9 ± 1,2 vs. 2,8 ± 1,1; p < 0,003).

Schlussfolgerungen: Typ-1-Diabetiker mit einer verbesserten Hypoglykämiewahrnehmung beschrieben nach 6 Monaten ein geringeres Ausmaß an diabetesbezogenen Belastungen. Die Reduktion dieser Belastungen ist insbesondere mit einer signifikanten Reduktion von hypoglykämiebezogenen Ängsten und Befürchtungen assoziiert. Möglicherweise erschweren ein höheres Lebensalter, eine längere Diabetesdauer sowie ein reduziertes Wohlbefinden den Erfolg eines Hypoglykämiewahrnehmungstrainings.