Diabetologie und Stoffwechsel 2013; 8 - P127
DOI: 10.1055/s-0033-1341787

Inzidenz von Hypoglykämien bei insulinbehandelten Patienten mit Diabetes Typ-2 auf Primärversorgungsebene

R Brose 1, H Albach 1, M Schink 1, T Heller 1, N Müller 1, U Zitterbart 2, S Brinkmann 2, K Schmidt 2, K Gneist 3, G Krause 4, G Wolf 1, UA Müller 1
  • 1Universitätsklinikum Jena, Innere Medizin III, Jena, Germany
  • 2Gemeinschaftspraxis für Allgemeinmedizin, Kranichfeld, Germany
  • 3Facharzt für Allgemeinmedizin, Jena, Germany
  • 4Fachärztin für Allgemeinmedizin, Jena, Germany

Fragestellung: Hypoglykämien sind die häufigsten Nebenwirkungen der Pharmakotherapie des Diabetes mellitus. Aktuelle Arbeitsmedizinrichtlinien stützen sich auf Daten mit hohen Inzidenzraten von Hypoglykämien, mit 10% der insulinbehandelten Patienten mit mindestens einer schweren Hypoglykämie/J und 2 – 3 nicht schweren Hypoglykämien/Woche. Wir untersuchten die Inzidenz schwerer und nicht schwerer Hypoglykämien bei insulinbehandelten Patienten mit Typ 2 Diabetes (DM 2) in der Primärversorgung.

Methodik: Patienten mit DM 2 und Insulintherapie (n = 82, Alter 67,5J, HbA1c 7,99%, 47,6% Frauen, Diabetesdauer 16,55J, BMI 30,58 kg/m2) wurden in 3 Thüringer Hausarztpraxen über 6 Wochen in einem strukturierten Interview zum Auftreten von Hypoglykämien befragt. Nicht schwere Hypoglykämien wurden definiert als Zustand mit typischen Symptomen und rascher Besserung nach Kohlenhydratzufuhr oder einem Blutglukosemesswert < 2,2 mmol/l auch ohne Symptome, schwere Hypoglykämie durch Notwendigkeit von i.v. Glukosgabe oder Glukagoninjektion.

Ergebnisse: 65,9% (n = 54) der Patienten hatten eine intensive Insulintherapie (ICT), 31,7% (n = 26) eine konventionelle Insulintherapie (CT) und 40,7% (n = 22) der ICT- bzw. 42,3% (n = 11) der CT-Gruppe eine Kombinationstherapie mit oralen Antidiabetika. Eine basal unterstützte orale Insulintherapie (BOT) hatten 2,4% (n = 2) der Patienten. 81,7% der Pat. hatten Humaninsulin. Alter, Diabetesdauer, BMI und HbA1c waren nicht sign. unterschiedlich zwischen CT bzw. ICT: Alter 70,5/65,8J, HbA1c 7,95/8,0%, Diabetesdauer 17,5/16,2J, BMI 30,5/30,7 kg/m2. In der tägl. Insulindosis gab es sign. Unterschiede: 42,4/67,2 IE/d (p = 0,003).

59,8% (n = 49) der Patienten gaben in den letzten 12 Monaten mind. eine nicht schwere Hypoglykämie an: CT 46,2% (n = 12), ICT 68,5% (n = 37). Bei der BOT gab es keine nicht schweren Hypoglykämien. Die mittlere Häufigkeit an nicht schweren Unterzuckerungen war 1,33 pro Patient/Quartal für die Gesamtgruppe, sowie 0,34 bei CT und 1,86 bei ICT (p = 0,018). Bei einer mittleren Diabetesdauer von 16 Jahren hatten nur 2 Patienten mit ICT eine schwere Hypoglykämie (CT: n = 0; p = 0,588).

92,7% (n = 76) aller Patienten nahmen mind. ein Mal an einer strukturierten Patientenschulung teil. In der CT- waren es 84,6% (n = 22), in der ICT-98,1% (n = 53) und in der BOT-Gruppe 100% (n = 2).

Blutzuckerselbstkontrollen führen 98,8% (n = 81) der Patienten durch: alle Patienten der ICT- (n = 54) und BOT- (n = 2) und 96,2% (n = 25) der CT-Gruppe. Die Patienten messen im Durchschnitt ihren Blutzucker 13,09 Mal pro Woche. Patienten der ICT- messen 16,18 Mal, der CT-Gruppe 6,71 Mal pro Woche (p = 0,006).

Schlussfolgerung: Nicht schwere Unterzuckerungen bei insulinbehandelten Patienten mit DM 2 in Hausarztpraxen sind sehr selten und liegen weit unter der in Standardwerken der Arbeitsmedizin angegebenen Häufigkeit. Wie in der der britischen 4T-Studie treten Unterzuckerungen bei der intensiven Insulintherapie häufiger auf als bei der konventionellen Therapie.