Diabetologie und Stoffwechsel 2013; 8 - P115
DOI: 10.1055/s-0033-1341775

Ansteigendes Glukagon während des oralen Glukosetoleranztests ist mit höherer Insulinsensitivität und niedrigerem Leberfettgehalt vergesellschaftet

R Wagner 1, 2, M Heni 1, 2, C Ketterer 1, 2, K Linder 1, 2, E Van Obberghen 3, N Stefan 1, 2, B Gallwitz 1, 2, HU Häring 1, 2, A Fritsche 1, 2
  • 1Medizinische Klinik, Department für Endokrinologie, Diabetologie, Angiologie, Nephrologie und Klinische Chemie, Eberhard-Karls-Universität Tübingen, Tübingen, Germany
  • 2Institut für Diabetesforschung und Metabolische Krankheiten des Helmholtz Zentrums München an der Universität Tübingen, Mitglied des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD), Tübingen, Germany
  • 3Aging and Diabetes Team, Institute of Research on Cancer and Aging, INSERM U1081, Medical School, Nice, France

Fragestellung: In Tiermodellen zeigen sich Hinweise dafür, dass Glukagon in der Entstehung der Hyperglykämie des Typ 1 Diabetes eine wichtige Rolle spielt. Im Gegensatz dazu ist bei Menschen eine kausale Funktion des Glukagons in der Ätiologie der Hyperglykämie des Typ 1 oder Typ 2 Diabetes nicht bewiesen. Da frühe Veränderungen der Glykämie, der Insulinsekretion und der Insulinsensitivität bereits bei nicht-diabetischen Personen mit hohem Diabetesrisiko gezeigt werden können, haben wir in solch einer Population getestet, ob auch die nüchterne und postprandiale Glukagonsekretion mit diesen glykämischen Parametern assoziiert.

Methodik: Plasma Glukagon, Glukose und Insulin wurden während eines oralen Glukosetoleranztestes (OGTT) bei 0, 30 60, 90 und 120 Minuten in 602 nichtdiabetischen Teilnehmern der TUEF Studie untersucht. In der Studie wurden Personen mit hohem Diabetesrisiko eingeschlossen.

Des Weiteren bestimmten wir die Verteilung von Köperfettkompartimente (Totales Fett, Viszerales Fett), sowie Leberfettgehalt in einer Subgruppe von 148 Probanden.

Ergebnisse: Glukagon0, Glukagon120 und die Fläche unter der Glukagonkurve (AUC0 – 120Glukagon) assoziierten nach Adjustierung für Geschlecht, Alter und BMI nicht mit Glukose0, Glukose120 und AUC0 – 120Glukose. Bei 474 Probanden fiel Glukagon wie erwartet während des OGTTs ab, bei 128 Probanden jedoch stieg Glukagon während des OGTTs an. Wider Erwarten waren diese Probanden mit Glukagonanstieg insulinsensitiver, und hatten einen niedrigeren hepatischen Fettgehalt als die Gruppe, bei der Glukagon während des OGTTs supprimiert wurde. Diese Unterschiede blieben auch nach Adjustierung für Geschlecht, Alter und BMI erhalten (p < 0,0001 für Insulinsensitivität und p = 0,009 für Leberfett).

Schlussfolgerungen: Unsere Befunde sprechen dagegen, dass Glukagon ein direkter, von Insulin unabhängiger Determinant der glykämischen Variation bei nichtdiabetischen Personen wäre. Dahingegen ist die Glukagondynamik während des OGTT stark mit Insulinsensitivität und Leberfett vergesellschaftet. Der Anstieg von Glukagon nach oraler Glukosebelastung könnte ein funktioneller Schutzfaktor gegen die postprandiale Lipidakkumulation in der Leber sein.