Diabetologie und Stoffwechsel 2013; 8 - P114
DOI: 10.1055/s-0033-1341774

Neuartige individuelle Prädiktoren der generations-übergreifenden diabetischen Programmierung am in vivo Modell identifiziert

C Eberle 1, 2, C Ament 3
  • 1Hochschule Fulda – University of Applied Sciences, Fulda, Germany
  • 2Ludwig-Maximilians-Universität München, München, Germany
  • 3Technische Universität Ilmenau, Ilmenau, Germany

Hintergrund: Der Anteil von schwangeren Frauen mit Diabetes mellitus Typ 2 (DM) wird auf bis zu ca. 20% geschätzt. Mütterlicher Diabetes mellitus stellt einer der stärksten Risikofaktoren für die Entwicklung eines DM bei deren Nachkommen dar. Dennoch, spezifische individuelle Prädiktoren der generationsübergreifenden in utero-Programmierung sind weitgehend unbekannt. Wir haben kürzlich den Parameter „Glukose-Sensitivität k G 1 und k G 2“ als individuellen prognostischen Faktor für die Entwicklung metabolischer Erkrankungen an einem neu etablierten dynamischen in vivo/in silico-Modell identifiziert.

Vor diesem Hintergrund galt es nun in vivo zu analysieren, in wie weit dieser prognostische Parameter k G 1 bzw. k G 2 generationsübergreifend als Prädiktor für die diabetische in utero-Programmierung fungiert.

Methodik: Am Ins2-Akita-Mausmodell wurden Nachkommen diabetischer Mütter (NDM) im Vergleich zu Nachkommen nicht diabetischer Mütter (NNDM) analysiert. Bei allen Nachkommen wurde unter denselben Versuchsbedingungen regelmäßig das Körpergewicht sowie die Nüchtern-Glukosekonzentrationen erhoben. Im Alter von 3 bzw. 11 Wochen wurde zusätzlich ein Intraperitonealer Glukosetoleranztest (IPGTT) bei den männlichen (n = 8) sowie weiblichen (n = 4) NDM im Vergleich zu den männlichen (n = 10) bzw. weiblichen (n = 10) NNDM untersucht. Diese Daten dienten zur individuellen Identifikation eines nichtlinearen dynamischen Modells, aus dem die individuellen pathophysiologischen Parameter k G 1 und k G 2 frühzeitig abgelesen werden können.

Ergebnisse: Während bei NDM im Vergleich zu NNDM im Alter von 3 Wochen keine signifikanten Unterschiede (p = 0,76 bzw. p = 0,22) dokumentiert werden konnten, zeigten sich im Alter von 11 Wochen signifikant unterschiedliche IPGTT-Verläufe zwischen den NDM und NNDM. Insbesondere die Phase-1-Glukose-Sensitivität k G 1 zeigte sich bei beiden Geschlechtern signifikant unterschiedlich (männlich: p = 0,016, weiblich: p= 0,005). Mit einem erheblich reduzierten k G 1 (im Mittelwert um Faktor 6 männlich bzw. Faktor 4 weiblich) zeigte sich bei den NDM somit eine ausgeprägte kurzfristige Glukose-Intoleranz. Mit Blick auf die langfristige Phase-2-Glukose-Sensitivität k G 2 ist hingegen ein Angleichen bei den männlichen (p = 0,63) bzw. den weiblichen (p = 0,30) NDM im Vergleich zu den NNDM zu beobachten.

Schlussfolgerung: Die Glukosesensitivität (k G 1 bzw. k G 2), analysiert mithilfe des neu etablierten dynamischen in vivo/in silico-Modells, eignet sich zur frühzeitigen Diagnose spezifischer individueller pathophysiologischer Veränderungen. Somit sind nicht nur frühzeitige individuelle Veränderungen in Abhängigkeit der mütterlichen Stoffwechselsituation, sondern auch individuelle Prädiktoren der Nachkommen zur Eröffnung frühzeitiger diagnostischer sowie Primär- und Sekundärtherapien denkbar.