Diabetologie und Stoffwechsel 2013; 8 - P112
DOI: 10.1055/s-0033-1341772

Prävalenz des unentdeckten Typ-2-Diabetes, der abnormen Nüchternglukose und der gestörten Glukosetoleranz in zwei Regionen Deutschlands

T Tamayo 1, M Schunk 2, W Maier 2, S Schipf 3, H Völzke 3, C Meisinger 2, A Peters 2, W Rathmann 1
  • 1Deutsches Diabetes Zentrum, Düsseldorf, Germany
  • 2Helmholtz Zentrum München, München, Germany
  • 3Ernst Moritz Arndt Universität, Greifswald, Germany

Fragestellung: Die kardiovaskuläre Mortalität ist im Nordosten höher als im Süden Deutschlands. Auch in der Prävalenz des bekannten Typ-2-Diabetes fanden wir kürzlich ein Nordost-Süd-Gefälle (DIAB-CORE). Es ist bislang unklar, ob es auch in der Prävalenz des Prädiabetes und unbekannten Diabetes regionale Unterschiede in Deutschland gibt. Erstmals sollen nun auf der Basis von oralen Glukosetoleranztests epidemiologische Querschnittsdaten für den Nordosten (SHIP-TREND) und Süden Deutschlands (KORA F4) verglichen werden.

Methodik: Die SHIP-TREND Studie (Study of Health in Pomerania, 4.248 Probanden) wurde von 2008 – 2012 in der Region Vorpommern durchgeführt, die KORA F4 Studie (follow-up) 2006 – 2008 in der Region Augsburg (Kooperative Gesundheitsforschung in der Region Augsburg, 3.080 Probanden). Beide Studien verwendeten ähnliche Methoden der Stichprobenziehung, Fragebögen und ein einheitliches, standardisiertes Protokoll zur Durchführung des oralen Glukosetoleranztests und weiterer medizinischer Untersuchungen.

Individuelle Daten aller Probanden im Alter zwischen 35 und 74 Jahren in beiden populationsbasierten Studien, die innerhalb der 8 Stunden vor Untersuchungsbeginn gefastet und keinen bekannten Diabetes hatten, wurden ausgewertet. Die Diagnose eines Typ-2-Diabetes sowie von Glukosestoffwechselstörungen wurde einheitlich definiert (neu diagnostizierter Diabetes: Nüchternglukose ≥7,0 mmol/l oder 2h Glukose (OGTT) ≥11,0 mmol/L; abnorme Nüchternglukose (IFG): 5,6-< 7,0 mmol/L; gestörte Glukosetoleranz: 7,8-< 11,0 mmol/L, 2h nach Glukosebelastung).

Ergebnisse: Für 2.439 Probanden aus dem Süden (KORA) und 1.940 aus dem Nordosten (SHIP-TREND) lagen Ergebnisse des OGTT vor. Die Prävalenz (95% KI) von isolierter IFG, isolierter IGT und kombinierter IFG+IGT lag bei 27,8% (25,8 – 29,9), 5,2% (4,3 – 6,3), 9,9% (8,7 – 11,4) in SHIP-TREND und bei 17,4% (15,9 – 19,0), 5,8% (4,9 – 6,8), 6,7% (5,8 – 7,8) in KORA. Diabetes wurde bei 6,8% (5,7 – 8,0) in SHIP-TREND und bei 3,7% (3,0 – 4,5) in KORA neu diagnostiziert. Die Prävalenz des unbekannten Diabetes lag außer bei Frauen im Alter von 35 – 44 Jahren in allen Alters- und Geschlechtsgruppen in SHIP-Trend höher als in KORA. Ferner war der Unterschied bei der isolierten IFG bei Männern mit 35 – 44 Jahren auffällig: in SHIP-TREND trat diese Glukosestoffwechselstörung bei 35,5% (29,1 – 42,4) auf in KORA bei 16,4% (12,4 – 21,1).

Schlussfolgerungen: Der unentdeckte Diabetes und der Prädiabetes treten im Nordosten Deutschlands häufiger auf als im Süden. Zudem sind im Nordosten jüngere Altersgruppen insbesondere jüngere Männer bereits stärker betroffen. Weitere Studien werden zeigen, welche Rolle Lebensstilfaktoren, weitere Gesundheitsfaktoren wie z.B. Übergewicht und Bluthochdruck oder das Inanspruchnahmeverhalten von Gesundheitsleistungen bei der Erklärung der regionalen Unterschiede der Prävalenz des (Prä-) Diabetes spielen.