Diabetologie und Stoffwechsel 2013; 8 - FV95
DOI: 10.1055/s-0033-1341755

Eine mt-DNA Punktmutation in der Cytochrom-c-Oxidase begünstigt die Zellalterung und die Entwicklung eines Typ-2-Diabetes mellitus

J Niemann 1, C Johne 1, L Wuchert 1, F Koch 1, M Tiedge 1, S Baltrusch 1
  • 1Universitätsmedizin Rostock, Rostock, Germany

Fragestellung: Voraussetzung für den Erhalt der zellulären Energiehomöostase ist ein koordinierter Ablauf der oxidativen Phosphorylierung. Mutationen im mitochondrialen Genom (mtDNA) betreffen Untereinheiten der Atmungskettenkomplexe und können deren Aufbau und Funktion beeinflussen. Es wird postuliert, dass mtDNA-Mutationen, die mit dem Alter akkumulieren zur Pathogenese des Typ-2-Diabetes mellitus (T2DM) beitragen. Daher war das Ziel der Studie Funktion und Struktur von Mitochondrien der Leber in Mäusen mit einer mtDNA-Mutation in der Cytochrom-c-Oxidase (Komplex IV) zu analysieren. Des Weiteren wurde untersucht, ob diese Mutation Auswirkungen auf die Produktion von reaktiven Sauerstoffspezies (ROS) in Leber, Gehirn und Muskel hat.

Methodik: Es wurden Gewebeschnitte und isolierte primäre Hepatozyten von 3, 6, 9 und 12 Monate alten Mäusen der Stämme C57BL/6NTac-mtNOD/AtJ (mtNOD) und C57BL/6NTac (Kontrolle) verwendet. Das mitochondriale Netzwerk wurde mittels MitoTracker-Färbung analysiert. Das mitochondriale Membranpotentials wurde mittels TMRE-Färbung bestimmt. Die mitochondriale Dynamik wurde durch das photokonvertierbare Fluoreszenzprotein Dendra2 untersucht. Um die Akkumulation an ROS zu ermitteln, wurde Mäusen vor dem Abtöten MitoSOX injiziert und das Gewebe fluoreszenzmikroskopisch ausgewertet.

Ergebnisse: Die nt9348 mtDNA Variante (mtNOD) enthält einen Aminosäureaustausch von Valin zu Isoleucin in der Untereinheit 3 der Cytochrom-c-Oxidase. Aggregation und Verlust der homogenen Struktur des mitochondrialen Netzwerks konnte ab 9 Monaten bei den Kontrollmäusen beobachtet werden. Bei den mtNOD-Mäusen konnten mit 6 Monaten signifikant früher Veränderungen des mitochondrialen Netzwerks detektiert werden. Zusätzlich konnte eine signifikant höhere Anzahl von mitochondrialen Loopstrukturen in Hepatozyten der mtNOD-Mäuse bestimmt werden. Die Analyse der mitochondrialen Dynamik zeigte, dass diese Loopstrukturen nicht mehr an Teilungs- und Fusionsprozessen des mitochondrialen Netzwerks beteiligt sind. Während die Anzahl der Mitochondrien mit hohem Membranpotential bei den Kontrollmäusen über das Alter weitestgehend konstant blieb, war diese bei den mtNOD-Mäusen signifikant niedriger und erhöhte sich mit zunehmendem Alter. Im Alter von 9 und 12 Monaten war die ROS-Produktion in Leber, Muskel und Gehirn der mtNOD-Mäuse im Vergleich zur Kontrolle erhöht.

Schlussfolgerung: Die Ergebnisse zeigen, dass eine Mutation in der Cytochrom-c-Oxidase zu einer frühzeitigen Störung der mitochondrialen Netzwerkstruktur führt. Die Zunahme an Mitochondrien mit hohem Membranpotential mit dem Lebensalter lässt auf einen Adaptionsprozess in Folge einer verminderten Aktivität der Atmungskette schließen. Dies könnte zur gesteigerten ROS-Produktion in mtNOD-Mäusen im Alter beitragen. Der C57BL/6NTac-mtNOD/AtJ Mausstamm stellt somit ein interessantes Model dar, um auslösende Effekte von altersabhängigen mitochondrialen Phänotypen auf die Pathogenese des T2DM zu analysieren.