Diabetologie und Stoffwechsel 2013; 8 - FV94
DOI: 10.1055/s-0033-1341754

Ausdauersport im Zellmodell: Regulation des Transkriptoms und Sekretoms humaner Muskelzellen

M Scheler 1, M Irmler 1, S Lehr 2, S Hartwig 2, H Staiger 3, 4, H Al-Hasani 2, J Beckers 1, 5, M Hrabé de Angelis 1, 5, HU Häring 3, 4, C Weigert 3, 4
  • 1Institut für Experimentelle Genetik, Helmholtz Zentrum München, Neuherberg, Germany
  • 2Institut für Klinische Biochemie und Pathobiochemie, Deutsches Diabetes Zentrum, Leibnitz Zentrum für Diabetes Forschung an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Düsseldorf, Germany
  • 3Innere Medizin IV, Universität Tübingen, Tübingen, Germany
  • 4Institut für Diabetes Forschung und metabolische Erkrankungen des Helmholtz Zentrums München an der Universität Tübingen, Tübingen, Germany
  • 5Lehrstuhl für Experimentelle Genetik, Technische Universität München, Weihenstephan, Germany

Regelmäßiger Sport spielt bei der Vorbeugung und Therapie vieler chronischer Erkrankungen, wie z.B. Typ 2 Diabetes und kardiovaskuläre Krankheiten, aber auch Dickdarmkrebs, Demenz und Depression eine entscheidende Rolle. Die Freisetzung von Proteinen (Myokinen) aus dem kontrahierenden Muskel wird hierbei als wichtiger Mechanismus diskutiert. „Electric pulse stimulation“ (EPS) wird bei ausdifferenzierten Muskelzellen (Myotuben) verwendet, um intrazelluläre Vorgänge, wie im kontrahierenden Muskel, zu stimulieren und kann es daher ermöglichen, die durch Sport induzierte Freisetzung von Myokinen unter kontrollierten Bedingungen zu untersuchen. In diesem Projekt wurde mittels Transkriptomics and Proteomics die Regulation von Myokinen durch EPS humaner Myotuben untersucht.

Humane Myotuben, gewonnen von Muskelbiopsien insulinsensitiver Probanden, wurden für eine bestimmte Zeitspanne mit 14V, 5 Hz und 2 ms elektrisch stimuliert und Veränderungen in der Genexpression (Affymetrix Gene ST 1.0 Array) und Proteinsekretion (Multiplex Immunoassays Bio-Plex ProTM) analysiert, sowie die aktivierten Signaltransduktionswege untersucht. Zudem wurden Zellkulturüberstände auf Glucoseverbrauch und Lactatproduktion untersucht.

Wir konnten zeigen, dass mit steigender EPS-Dauer (2h-24h) der Glukoseverbrauch der Zellen zunimmt und korrespondierend damit die Laktatproduktion. Die Transkriptomanalyse von Myotuben zwölf verschiedener Probanden ergab u.a. eine signifikante Zunahme der Expression von Cytokinen, Chemokinen und Genen des Lipidmetabolismus. Nach 24h EPS zeigte z.B. IL6 einen 7 fachen Anstieg (p = 0,002), IL8 einen 200 fachen Anstieg (p = 0,001), PPARGC1A einen 3 fachen Anstieg (p = 0,0004) und NAMPT einen 4 fachen Anstieg (p = 0,0003) im Vergleich zu Kontrollzellen. Bei ANGPTL4 war das Expressionsmaximum nach 4h EPS mit einem 2 fachen Anstieg (p = 0,044) erreicht. In den Zellkulturüberständen dieser Myotuben wurden mit einem beadbasiertem Immunoassay 24 Analyte gemessen. Im Überstand von EPS Zellen konnte u.a. IL6, IL8, LIF und CXCL1 im Vergleich zu Kontrollzellen als signifikant erhöht nachgewiesen werden. Der Anstieg der mRNA Expression korreliert hochsignifikant mit dem Anstieg des Proteins im Überstand z.B. für IL8 (p < 0,001, r2= 0,69), CXCL1 (p < 0,001, r2= 0,70) und IL6 (p < 0,001, r2= 0,79). Inhibitorstudien zeigten, dass die IL8 Expression nach 24h EPS u.a. über ERK und NFkB Signalwege reguliert wird, während die PPARGC1A Expression über ERK und JNK reguliert wird.

Die gefundenen Veränderungen im Transkriptom und Sekretom in humanen Myotuben sind mit beschriebenen Effekten von Ausdauersport in vivo gut vergleichbar. Zusammenfassend konnten wir zeigen, dass EPS ein gutes Modell ist, das es ermöglicht auf zellulärer Ebene molekulare Mechanismen, die während des Sports ablaufen, zu analysieren. Dies könnte insbesondere auch interessant sein, um eine individuelle Regulation von Myokinen in Muskelzellen verschiedener Probanden zu untersuchen.