Diabetologie und Stoffwechsel 2013; 8 - FV87
DOI: 10.1055/s-0033-1341747

Die Wahrscheinlichkeit eines nicht diagnostizierten Typ 2 Diabetes steigt in Abhängigkeit von der Schwere der arteriosklerotischen Gefäßerkrankung bis auf 34% der Patienten mit 3-Gefäß-KHK

M Merkel 1, S Waibel 1, MW Bergmann 1, KH Kuck 1, D Müller-Wieland 1
  • 1Asklepios Klinik St. Georg, Hamburg, Germany

Einleitung: Die Diagnose Typ 2 Diabetes wird oft erst lange nach der Manifestation gestellt; nicht selten bestehen dann bereits Folgeerkrankungen. Besonders hoch ist die Dunkelziffer bei Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen. In diesem Projekt wird die Prävalenz eines unerkannten Diabetes in Abhängigkeit von der Arteriosklerose-Manifestation untersucht.

Methodik: In einem Krankenhaus der Maximalversorgung wurde bei 983 afebrilen Patienten ohne bekannten Diabetes mellitus ein oraler Glukosetoleranztest und eine HbA1c-Messung durchgeführt. Indikation waren eine dokumentierte koronare Herzerkrankung (KHK), eine periphere arteriosklerotische Gefäßerkrankung (pAVK) oder ein anderweitig erhöhtes Risiko für Diabetes ohne dokumentierte arteriosklerotische Manifestation.

Ergebnis: Von 983 Patienten (669 Männer, Durchschnittsalter 64,7 Jahre; 314 Frauen; Durchschnittsalter 68,3 Jahre) hatten 341 Patienten keine dokumentierte arteriosklerotische Erkrankung; 116 eine pAVK; 138 eine 1-Gefäß-KHK, 149 eine 2-Gefäß-KHK und 239 eine 3-Gefäß-KHK. Der Glukosestoffwechsel wurde wie folgt charakterisiert (fehlende Zahlen an 100%: 48 Patienten mit erhöhtem Nüchtern-Blutzucker): Keine dokumentierte arteriosklerotische Erkrankung: Normal: 40%; verminderte Glukosetoleranz (IGT): 33%; neuer Diabetes mellitus (D.m.): 22%. pAVK: Normal: 39%; IGT: 25%; D.m.: 28%. 1-Gefäß-KHK: Normal: 41%; IGT: 34%; D.m.: 21%. 2-Gefäß-KHK: Normal: 30%; IGT: 38%; D.m.: 26%. 3-Gefäß-KHK: Normal: 25%; IGT: 37%; D.m.: 34%. Die HbA1c-Werte lagen im Mittel bei 5,75% (normal); 5,87% (IGT) und 6,11% (signifikant unterschiedlich auch innerhalb jeder Arteriosklerose-Subgruppe). Signifikante Unterschiede zwischen Männern und Frauen bestanden nicht. Die Sensitivität des HbA1c für die Diagnose Diabetes war bei einem HbA1c von > 5,6% 79,7%, die Spezifität 33%. Bei einem HbA1c-Grenzwert von > 6,9% war die Spezifität 98% und die Sensitivität 15%.

Diskussion: Die Wahrscheinlichkeit eines neu diagnostizierten Typ 2 Diabetes ist vom Schweregrad der arteriosklerotischen Gefäßerkrankung abhängig. Nur ein Viertel aller Patienten mit 3-Gefäß-KHK hat einen normalen Glukosestoffwechsel. Diese Daten unterstreichen erneut die Notwendigkeit eines Diabetes-Screenings bei Patienten mit KHK, insbesondere bei schwerer Ausprägung. Ein Screening mit HbA1c alleine erscheint wegen schlechter Sensitivität bei niedrigeren Werten nicht ausreichend.