Diabetologie und Stoffwechsel 2013; 8 - FV71
DOI: 10.1055/s-0033-1341731

Kann eine Transfusion von Nabelschnurblut die β-Zellrestfunktion bei neu diagnostizierten Typ 1 Diabetikern durch Modulation des adaptiven Immunsystems verbessern?

R Puff 1, E Giannopoulou 2, 3, A Gavrisan 1, A Wosch 1, 3, M Bunk 1, 2, E Bonifacio 4, AG Ziegler 1, 2
  • 1Institut für Diabetesforschung, Helmholtz Zentrum München, und Forschergruppe Diabetes, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München, Neuherberg, Germany
  • 2Forschergruppe Diabetes e.V., Neuherberg, Germany
  • 3Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin, Klinikum Schwabing u. Klinikum rechts der Isar, München, Germany
  • 4DFG-Forschungszentrum für Regenerative Therapien, Dresden, Germany

Fragestellung: Regulatorische T-Zellen (Tregs) vermitteln Toleranz gegenüber körpereigenen Antigenen und spielen daher eine wichtige Rolle im Kampf gegen die Entstehung von Autoimmunerkrankungen wie Typ 1 Diabetes (T1D). Neben hämatopoetischen Stammzellen kommen sie in hoher Anzahl im Nabelschnurblut (NSB) vor. Ziel dieser Studie ist zu untersuchen, ob eine einmalige Transfusion von autologem NSB bei Kindern mit neu manifestiertem T1D das adaptive Immunsystem moduliert und dadurch die β-Zellrestfunktion verbessert.

Methodik: Es erfolgte bei 7 Kindern (medianes Alter: 3,0 Jahre; IQR: 2,4 – 3,7) mit neu manifestiertem T1D (mediane Diabetesdauer: 14,4 Wochen; IQR: 11,0 – 41,0) eine einmalige Transfusion von autologem NSB. Weitere 10 Kinder (medianes Alter: 6,6 Jahre; IQR: 4,0 – 10,2) mit neu manifestiertem T1D (mediane Diabetesdauer: 19,9 Wochen; IQR: 13,0 – 43,2) wurden als Kontrollen in die Studie eingeschlossen. Zum Zeitpunkt der Transfusion bzw. des Studienbeginns (Monat 0) sowie 6, 12 und 24 Monate danach erfolgte bei allen Kindern mittels Durchflusszytometrie die Bestimmung von Tregs, Memory Tregs und kürzlich aktivierter (CD69+) T-Zellen (jeweils angegeben als % aller CD4+ Zellen im peripheren Blut). Zusätzlich wurden jeweils der tägliche Insulinbedarf (IE/kg Körpergewicht/Tag), der HbA1c (%) sowie C-Peptid-Werte (ng/ml) nüchtern und nach Stimulation (6 ml „Mixed Meal“/kg Körpergewicht) ermittelt.

Ergebnisse: Kinder der Kontrollgruppe (KG) und Kinder der Transfusionsgruppe (TG) hatten während der gesamten Studiendauer einen ähnlichen Verlauf von HbA1c, stimuliertem C-Peptid und täglichem Insulinbedarf. Dabei zeigten beide Gruppen einen signifikanten Abfall der AUC (Area Under the Curve) des C-Peptids von Monat 0 zu Monat 6 (KG: 1,4 vs. 0,9 ng/ml; p = 0,01; TG: 0,9 vs. 0,5 ng/ml; p = 0,03). In derselben Zeitspanne wiesen einzelne Kinder (KG, TG) einen Anstieg der Tregs auf, der jedoch nicht mit HbA1c, C-Peptid oder Insulinbedarf korrelierte. Im Mittel besaßen beide Gruppen zwischen Monat 0 und 24 einen konstanten, ähnlichen Anteil peripherer Tregs (KG: 6,0 vs. 7,1%; TG: 6,9 vs. 5,9%) und Memory Tregs (KG: 1,4 vs. 1,5%; TG: 1,8 vs. 1,6%). Transfundierte Kinder hatten mehr und im Zeitverlauf stärker variierende CD69+ T-Zellen als die Kontrollkinder (Median KG: 0,4%; IQR: 0,4 – 0,6; Median TG: 0,7%; IQR: 0,4 – 0,8). Die Transfusionsgruppe zeigte zudem, dass zwischen 0 und 6 Monaten eine inverse Korrelation zwischen der Abnahme der AUC des C-Peptids und der Anzahl transfundierter NSB-Zellen, insbesondere hämatopoetischer Stammzellen (CD34+) besteht (p < 0,01).

Schlussfolgerungen: Bislang gibt es keinen Nachweis, dass eine einmalige Transfusion von autologem NSB regulatorische T-Zellen induziert und (dadurch) einen positiven Einfluss auf die β-Zellfunktion neu diagnostizierter Typ 1 Diabetiker hat. Die Studie zeigt jedoch, dass eine hohe Anzahl transfundierter hämatopoetischer Stammzellen den fortschreitenden Verlust der β-Zellrestfunktion verzögern kann.