Diabetologie und Stoffwechsel 2013; 8 - FV51
DOI: 10.1055/s-0033-1341711

Durch Patienten berichtete Häufigkeit nicht-schwerer Hypoglykämien in Deutschland

B Kulzer 1, L Seitz 2, W Kern 3
  • 1Forschungsinstitut Diabetes-Akademie Bad Mergentheim, Bad Mergentheim, Germany
  • 2Novo Nordisk Pharma GmbH, Mainz, Germany
  • 3ENDOKRINOLOGIKUM, Ulm, Germany

Fragestellung: Hypoglykämie ist eine häufig auftretende Nebenwirkung bei der Therapie mit Insulin und kann eine optimale Diabetesbehandlung einschränken. Außerhalb klinischer Studien liegen nur begrenzt Daten darüber vor, wie häufig Hypoglykämien auftreten. Die vorliegende Studie ermittelte die von Patienten berichtete Häufigkeit nicht-schwerer hypoglykämischer Ereignisse (NSHEs). Außerdem wurde die Beeinträchtigung durch Hypoglykämien untersucht und Daten erhoben, wie häufig Patienten mit Typ 1 Diabetes (T1) und mit Insulin behandeltem Typ 2 Diabetes (T2) in Deutschland ihren Ärzten über Hypoglykämie berichteten.

Methoden: Patienten im Alter von über 15 Jahren mit Typ 1 Diabetes oder mit Insulin behandeltem Typ 2 Diabetes (nur Basal, T2BOT; Basal-Bolus, T2BB; und weitere T2O) wurden in Deutschland über Online-Panel rekrutiert. Von den Patienten wurden vier Fragebögen in einem wöchentlichen Rhythmus ausgefüllt; in jedem wurden Angaben zu NSHEs aus den vergangenen sieben Tagen gesammelt. Im ersten Fragebogen wurden auch demographische Hintergrundinformationen sowie Informationen über vergangene hypoglykämische Eregnisse der Patienten erhoben. Ein NSHE wurde definiert als ein Ereignis mit Hypoglykämie-Symptomen – mit oder ohne Blutzuckermessung (BGM) – oder ein niedriger Blutzuckerwert (≤56 mg/dl) ohne Symptome, den die Patienten ohne fremde Hilfe behandeln konnten.

Ergebnisse: Insgesamt haben 614 Patienten (34% T1 und 66% T2) 1773 Patientenwochen abgeschlossen. Der durchschnittliche HbA1c lag für T1 bei 7,7 und für T2 bei 7,4. Die von Patienten berichtete durchschnittliche Anzahl von NSHEs pro Patientenwoche lag bei 1,6 für T1, 0,6 für T2BOT, 0,6 für T2BB und 0,8 für T2O. Dies entspricht 85, 32, 33 und 39 Ereignissen pro Jahr. Nächtliche NSHEs machten 26% bei T1 und 27% (T2BB), 38% (T2BOT) und 26% (T2O) bei T2 aus. Nach dem letzten NSHE berichteten 64% der Patienten, dass sie sich müde/erschöpft fühlten, wobei sich 51% weniger aufmerksam und 39% sich nervös/ängstlich fühlten. Insgesamt berichten 45% der T1-Patienten und 29% der T2BOT, 34% der T2BB und 35% der T2O-Patienten ihrem Arzt selten oder nie von ihren Hypoglykämien. Zusätzlich erklärten 14% der T1- und 19% der T2-Patienten, dass ihr Arzt bei den Routinebesuchen nicht nach einer Hypoglykämie gefragt habe.

Schlussfolgerung: NSHEs treten in Deutschland bei T1- und mit Insulin behandelten T2-Patienten häufig auf, wobei bis zu 38% der Ereignisse nachts vorkommen. Viele Patienten berichten einen negativen Einfluss eines NSHE auf ihr Wohlbefinden. Eine große Anzahl der Patienten gab an, dass ihr Arzt nicht nach Hypoglykämien gefragt habe und viele Patienten nicht proaktiv erlebte NSHEs ansprechen. Vor diesem Hintergrund scheint die tatsächliche Zahl der hypoglykämischen Ereignisse in Deutschland unterschätzt.