Diabetologie und Stoffwechsel 2013; 8 - FV43
DOI: 10.1055/s-0033-1341703

Die mütterliche Insulinresistenz beeinflusst die fetale Hirnaktivität

K Linder 1, F Schleger 2, C Ketterer 1, L Fritsche 1, I Kiefer-Schmidt 3, A Hennige 1, 4, HU Häring 1, 4, H Preissl 2, 4, A Fritsche 1, 4
  • 1Medizinische Universitätsklinik Tübingen, Tübingen, Germany
  • 2MEG Zentrum, Eberhard Karls Universität Tübingen, Tübingen, Germany
  • 3Frauenklinik, Universitätsklinikum Tübingen, Tübingen, Germany
  • 4Institut für Diabetesforschung und Metabolische Krankheiten des Helmholtz Zentrums München an der Universität Tübingen (Paul Langerhans Institut Tübingen), Mitglied des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD), Tübingen, Germany

Hintergrund: Fetale Programmierung spielt eine wichtige Rolle bei dem Versuch, die Entstehung des Diabetes mellitus Typ 2 zu erklären. In früheren Studien konnten wir mittels Insulininfusionen bei adipösen Erwachsenen eine verzögerte kortikale Reaktion auf auditorische Stimuli zeigen, die eine Insulinresistenz des Gehirns widerspiegelt. Das Ziel der vorliegenden Studie war es zu untersuchen, ob mütterliche metabolische Veränderungen während eines OGTT (oralen Glukosetoleranztests) eine Auswirkung auf die fetale Hirnaktivität beim Menschen haben.

Methodik: Bei 14 gesunden Schwangeren (Schwangerschaftswoche 31 ± 3) wurde ein oraler Glukosetoleranztest (75 g) durchgeführt. Glukose und Insulinspiegel wurden basal und nach 60 und 120 Minuten bestimmt, Insulinresistenz wurde durch HOMA IR berechnet. Vor jeder Blutentnahme erfolgte eine Messung der zerebralen Aktivität mittels fetaler Magnetoenzephalografie fMEG) mit auditorischer Stimulation zur Erfassung der Latenzen evozierter Potentiale.

Ergebnisse: Sechzig Minuten nach der Glukoseaufnahme stieg der Insulinspiegel wie erwartet ca. 15fach von 61 ± 27 (MW ± SD) auf 930 ± 454 pmol/l, der Glukosespiegel verdoppelte sich von 4,4 ± 0,3 auf 7,5 ± 1,1 mmol/l. Die Latenz der zerebralen Aktivität auf die auditorische Stimulation beim Fetus nahm von 0 auf 60 Minuten von 297 ± 86 auf 235 ± 73 ms ab (p = 0,043) und blieb bei 120 Minuten auf diesem Niveau (251 ± 88, p = 0,55 vs. 60 min)

Ferner korrelierte die Insulinresistenz (HOMA IR) der Mutter mit den Antwortlatenzen des Kindes 60 Minuten nach Glukoseaufnahme (p = 0,018, r = 0,57). Teilt man die Mütter durch den Median HOMA IR in insulinresistent und sensitiv ein, dann zeigen die Feten insulinresistenter Mütter bei 60 Minuten eine langsamere Reaktion (270 ± 72 ms) als die Feten insulinsensibler Mütter (189 ± 47 ms, p = 0,028).

Diskussion: Höhere Insulinresistenz bei der Mutter hat eine langsamere fetale Hirnreaktion auf auditorische Reize zur Folge. Dies kann ein Hinweis darauf sein, dass die zentralnervöse Insulinresistenz bereits während der fetalen Entwicklung programmiert wird.