Diabetologie und Stoffwechsel 2013; 8 - FV34
DOI: 10.1055/s-0033-1341697

Die Effekte eines kognitiv-verhaltenstherapeutischen Programms zur Behandlung subklinischer Depression (DIAMOS): Ergebnisse einer prospektiven randomisierten Studie

B Kulzer 1, N Hermanns 1, J Kruse 2, A Schmitt 1, A Gahr 1, T Haak 1
  • 1Diabetes Zentrum Mergentheim, Bad Mergentheim, Germany
  • 2Justus-Liebig-Universität Gießen und Philipps-Universität Marburg, Gießen, Germany

Fragestellung: Etwa 20% aller Diabetespatienten weisen eine erhöhte depressive Symptomatik auf, ohne jedoch die Kriterien einer Major Depression Störung (MDS) entsprechend DSM-IV zu erfüllen. Allerdings geht bereits eine erhöhte Depressivität mit einer reduzierten Lebensqualität, einer weniger effektiven Selbstbehandlung, einer schlechteren Prognose hinsichtlich von Folgekomplikationen sowie einer verkürzten Lebenserwartung einher. Bislang gibt es für diese Patientengruppe kein evaluiertes Behandlungsprogramm. Ziel der vorliegenden Studie war die Entwicklung eines diabetesspezifischen verhaltenstherapeutischen Behandlungsprogramms für diese Risikogruppe („DIAMOS – Diabetesmotivation stärken“) und dessen Evaluation im Hinblick auf die Reduktion der Depressivität und diabetesbezogener Belastung, die Steigerung von Lebensqualität und Wohlbefinden sowie die Verbesserung der glykämischen Kontrolle in einer 1-Jahres-Katamnese.

Methodik: DIAMOS ist ein zehnstündiges Gruppenprogramm, basierend auf der kognitiven Verhaltenstherapie, das in einem stationären Setting angeboten wurde. 214 Patienten mit subklinischer Depression wurden per Zufall DIAMOS oder einer Kontrollgruppe (KG) zugewiesen, welche eine Diabetesschulung erhielt. Die Teilnehmer wurden mittels Fragebögen zu Depressivität (ADS), Diabetesbelastung (PAID), Wohlbefinden (WHO-5) und Lebensqualität (SF-36-PSK) befragt. Der HbA1c-Wert wurde in einem Zentrallabor bestimmt.

Ergebnisse: 181 Patienten (Alter: 45 ± 14J.; 57% weiblich; BMI: 29 ± 7 kg/m2; 63% Typ-1; Diabetesdauer: 15 ± 11J.; 95% mit Insulin; 51% mit Folgekomplikationen; HbA1c: 8,8 ± 1,7%; ADS: 23,3 ± 8,1; PAID: 39,5 ± 18,4; WHO-5: 8,9 ± 4,5; SF-36-PSK: 35,0 ± 10,4) konnten zum 12-Monats-Follow-up nachuntersucht werden (Drop-out-Rate 15%). Zu diesem Zeitpunkt waren in der DIAMOS-Gruppe sowohl die Depressivität (-7,4 ± 11,4 vs. -2,7 ± 11,7; p < 0,01) als auch die diabetesbezogene Belastung (-13,0 ± 18,9 vs. -4,2 ± 16,9; p < 0,01) signifikant stärker reduziert als in der KG. Gleichzeitig besserte sich in der DIAMOS-Gruppe das Wohlbefinden signifikant stärker als in der KG (+4,5 ± 6,1 vs. +2,5 ± 6,3; p = 0,03). In beiden Gruppen besserten sich die psychische Lebensqualität (+7,5 ± 13,3 vs. +6,1 ± 14,8; p = 0,51) und der HbA1c-Wert (-0,5 ± 2,0 vs. -0,8 ± 1,7%; p = 0,41) in vergleichbarem Maße.

Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse sprechen dafür, dass DIAMOS ein wirksames Behandlungsprogramm für die zahlenmäßig große Gruppe von Menschen mit Diabetes und einer erhöhten depressive Symptomatik darstellt. Die Teilnahme an DIAMOS führte zu einer signifikanten Verringerung der Depressivität, der diabetesbezogenen Belastungen und einer Verbesserung des Wohlbefindens. Die Verbesserung des HbA1c-Wertes viel nicht signifikant stärker aus, als in der KG. Mit dieser Studie wurde erstmals die Effektivität verhaltenstherapeutische Interventionen bei dieser Patientengruppe nachgewiesen.

Diese Arbeit wurde unterstützt vom „Kompetenznetz Diabetes mellitus“ (FKZ 01GI0809).