Diabetologie und Stoffwechsel 2013; 8 - FV8
DOI: 10.1055/s-0033-1341668

Therapiekonzept bei Erwachsenen mit Prader-Willi-Syndroms (PWS) – eine Verlaufsbeobachtung von über 2 Jahren

M Hauber 1, B Stratmann 1, N Hödebeck-Stuntebeck 2, D Tschöpe 1
  • 1Herz- und Diabeteszentrum NRW, Bad Oeynhausen, Germany
  • 2Diakonische Stiftung Wittekindshof, Bad Oeynhausen, Germany

Fragestellung: PWS ist eine genetische Erkrankung, die durch Adipositas, Intelligenzminderung, Impulskontrollstörung und Minderwuchs gekennzeichnet ist. Folgeerkrankungen wie Diabetes mellitus Typ 2 und Herz-Kreislauferkrankungen sind häufig. In der Diakonischen Stiftung Wittekindshof werden Erwachsene mit PWS in Wohngruppen betreut. Strenge Diät (1500 kcal/d), regelmäßige sportliche Aktivitäten und eine psychologische Betreuung sind fester Bestandteil des Konzeptes. Ziel der Untersuchung war, die Versorgung von Menschen mit PWS in Hinblick auf Adipositas und Diabetes mellitus zu verbessern.

Methodik: Verlaufsbeobachtung von über 2 Jahren mit 3 medizinischen Erhebungen (Gewicht, Fettmasse, fettfreie Masse, HbA1c, Blutfette, Blutdruck) und oGTT bei den Nichtdiabetikern (2 Personen). Nach der 2. Erhebung wurde eine moderate Kalorienreduktion durch Halbieren der Milchtrinkmenge durchgeführt.

Ergebnisse: 7 Personen (5 m, 2w) im Alter von 21 bis 38 Jahren (30 ± 5,5 Jahre) nahmen teil. Durchschnittlich lebten die Teilnehmer seit 7,5 Jahren in der Wohngruppe. Eine signifikante Reduktion des BMI von 29,3 kg/m2 auf 25,0 kg/m2 (p ≤0,05) wurde erzielt, durchschnittlich sanken Fettmasse um 5,7 kg (p ≤0,05) und Nicht-Fettmasse um 5 kg (p ≤0,05). Die Diabetes-Einstellung ist mit oralen Antidiabetika (Metformin, Repaglinid, Sitagliptin) gut. Der HbA1c betrug initial bei 5 Personen 6,4% und nach 2 Jahren 5,6% (p = 0,06). Die Diabetesmedikation wurde 3 Fällen reduziert und bei 2 Teilnehmern intensiviert, die oGTTs bei den 2 Nichtdiabetikern waren unauffällig. 2 Teilnehmern hatten zu Beginn der Verlaufsbeobachtung eine Blutdruckmedikation (ß-Blocker und ACE-Hemmer), die in einem Fall konnte gesenkt werden konnte, in einem weiteren Fall wurde mit einer antihypertensiven Therapie (ACE-Hemmer) begonnen. Laborwerte für die Fettstoffwechselparameter änderten sich nicht signifikant innerhalb des Beobachtungszeitraumes. Ein Teilnehmer erhielt im Verlauf eine Statintherapie. Weitere Laborwerte für Leptin, GLP-1, GIP, Ghrelin, Proinsulin und Adiponektin wurden jeweils nüchtern und nach Einnahme des Frühstücks gemessen. Laborwerte für Leptin sanken im Beobachtungszeitraum sowohl nüchtern als auch postprandial auf etwa 30% des Anfangswertes ab (p ≤0,01). Nüchtern-Laborwerte für Proinsulin und Adiponektin stiegen signifikant an. Laborwerte für GLP-1, Ghrelin und GIP änderten sich nicht-signifikant.

Schlussfolgerungen: Die Erhebung zeigt, dass Maßnahmen wie strikte Diät, regelmäßige sportliche Aktivitäten und psychologische Betreuung auch nach Jahren eine Gewichtsreduktion bewirken und die Stoffwechsellage verbessern können. Die Leptinwerte sinken im Zuge der Gewichtsabnahme, steigende Adiponektinwerte belegen den positiven Effekt der Gewichtsabnahme bezüglich des kardiovaskulären Risikos. Signifikante Einflüsse auf die Blutdruck- und Blutfettwerte wurden nicht gemessen. Steigende Proinsulinwerte deuten auf eine zunehmende Insulinresistenz des PWS Patienten mit Diabetes hin.