Zeitschrift für Phytotherapie 2013; 34 - P21
DOI: 10.1055/s-0033-1338223

Die Entzündungshypothese der Depression – Johanniskraut als therapeutischer Ansatz?

O Kelber 1, J Müller 1, SN Okpanyi 1
  • 1Steigerwald Arzneimittelwerk GmbH, Wissenschaftliche Abteilung, Havelstr. 5, 64295 Darmstadt

Klinische und präklinische Daten deuten zunehmend darauf hin, dass entzündliche Prozesse an der Pathophysiologie der Depression beteiligt sein könnten [1, 2]. Zumindest bei einem Teil der depressiven Patienten werden erhöhte Spiegel von Entzündungsmediatoren beschrieben, umgekehrt ist bekannt, dass ein IFN-α-induzierter Anstieg von TNF-α und IL-6 depressive Symptome auslösen kann [3]. Psychischer Stress wiederum ist nicht nur als Auslöser depressiver Symptome bekannt, sondern auch einer verringerten antioxidativen Kapazität, wie sie auch mit Entzündungen assoziiert ist.

Fragestellung: Da für zahlreiche pflanzliche Extrakte entzündungshemmende Wirkungen bekannt sind, stellt sich die Frage, inwiefern an der antidepressiven Wirkung von Johanniskrautextrakten [4] auch entzündungshemmende Eigenschaften beteiligt sein könnten, die bereits bei seiner Anwendung als Externum genutzt werden. Dieser Frage wurde in einer systematischen Literaturrecherche nachgegangen.

Ergebnisse: Johanniskrautextrakte und eine Reihe seiner Inhaltsstoffe weisen in In-vitro-Modellen entzündungshemmende und antioxidative Wirkungen auf [u.a. 5, 6], die sich auch in In-vivo-Modellen [u.a. 2, 7] und, in der Dermatologie, auch klinisch bestätigt haben [8]. So antagonisierte ein Hypericum-Extrakt im Modell einer Stress-induzierten Depression zugleich auch die verringerte antioxidative Kapazität [2] und beeinflusste die Gen-Expression von Entzündungsmediatoren [7].

Schlussfolgerungen: Aufgrund der entzündungshemmenden Eigenschaften von Johanniskrautextrakten, die auch in vivo gezeigt wurden, erscheint es plausibel, dass diese nicht nur bei der Anwendung als Externum, sondern auch in der Therapie von Depressionen eine Rolle spielen, die bislang möglicherweise unterschätzt wurde.

Literatur:

[1] Dantzer R et al. Nature Reviews Neuroscience 2008; 9: 46 – 56

[2] Grundmann O et al., Neuropharmacology 2010; 58: 767 – 773

[3] Raison CL et al. Curr Psychiatry Rep 2011; 13: 467 – 475

[4] HMPC 2009, EMA/HMPC/101304/2008

[5] Birt DF et al. Pharm Biol 2009; 47: 774 – 782

[6] Kraus B et al. Planta Med 2010; 76: 1340

[7] Jungke P et al. Psychopharmacology 2011; 213: 757 – 772

[8] Schempp CM et al. Hautarzt 2002; 53: 93 – 97