Zeitschrift für Phytotherapie 2013; 34 - P08
DOI: 10.1055/s-0033-1338210

Reduziert die Gabe von Baldrian/Hopfen die Applikation synthetischer Sedativa im Krankenhaus und ist dies kostenneutral?

T Kempmann 1
  • 1Waldburg-Zeil Kliniken, Klinik Tettnang, Innere Medizin, Emil-Münch-Str. 16, 88069 Tettnang

Einleitung: Baldrian und Hopfen sowie deren Kombination sind anerkannte pflanzliche Beruhigungsmittel. Ob sich durch eine einfache Intervention im Krankenhaus der Verbrauch an synthetischen Sedativa bei den meist älteren Patienten reduzieren lässt und ob dies kostenneutral durchführbar ist, wurde geprüft.

Material und Methoden: Im Dezember 2010 wurden Ärzte und Pflegepersonal der Inneren Abteilung im Gebrauch von Baldrian und Hopfen unterrichtet sowie ein einfaches Schema zur Verordnung entworfen. Hierbei wurden 450 mg eines Baldrianextraktes 1 x tgl. und 150 mg eines Hopfenextraktes initial 2 x tgl., im weiteren Verlauf 1 x tgl. (wegen der einfacheren Handhabung) abends verabreicht, sofern der Patient ein „Schlafmittel“ wünschte. Die Verbrauchszahlen und Arzneimittelkosten für Beruhigungsmittel auf der internistischen Station wurden für die Monate April–September der Jahre 2011 und 2012 verglichen. Ausgesucht wurden hierbei die üblicherweise in diesem Krankenhaus verordneten Medikamente (Oxazepam, Lorazepam und Zolpidem) sowie Melperon. Bei diesen Medikamenten spiegelt die Bestellmenge wegen der kurzen Lagerzeit ziemlich genau den Verbrauch wider.

Ergebnisse: Im Beobachtungszeitraum wurden 2011 insgesamt 768 Patienten behandelt, 2012 waren es 785. Es wurden 600 Dosen Baldrian/Hopfen geordert. Der Verbrauch der gängigsten synthetischen Beruhigungs-/Schlafmittel war wie folgt (2011 → 2012): Oxazepam 10 mg 800 → 400; Lorazepam 0,5 mg 100 → 100; Lorazepam 2 mg 200 → 300; Zolpidem 10 mg 550 → 320; insgesamt 1650 → 1120 (– 33%). Melperon 25 mg 180 → 220 und 1200 ml → 1200 ml. Die Kosten der genannten Medikamente beliefen sich auf € 2460,77 → € 2419,13. Als Kosten pro Patient: € 3,20 → € 3,08. Inklusive Melperon € 3174,26 → € 3134,16 (€ 4,13 → € 3,99). Die Werte für Oxazepam und Zolpidem sind nicht durch Inhomogenitäten in der Bestellung (Vorratshaltung) erklärbar, die Werte für Lorazepam und Melperon schon (jeweils 1 Packung).

Zusammenfassung: Mit einfachen Mitteln lässt sich der Verbrauch an synthetischen Sedativa mittels Baldrian/Hopfen um ca. 1/3 senken. Dies ist kostenneutral, bezogen auf die Arzneimittelkosten.

Diskussion: Sämtliche Benzodiazepine stehen auf der PRISCUS-Liste als potenziell inadäquat. Es ist anzunehmen, dass die Reduktion dieser Medikamente zu weniger Hangover und damit zu mehr Krankengymnastik und somit zu schnellerer Mobilisation und weniger Stürzen führt. Neben einer besseren Behandlungsqualität sind insgesamt niedrigere Behandlungskosten anzunehmen.