Zeitschrift für Phytotherapie 2013; 34 - P03
DOI: 10.1055/s-0033-1338205

Pflanzliche Arzneimittel versus Botanicals: Klare Abgrenzung notwendig

K Kraft 1, 2, O Kelber 1, 3, N Armbrüster 1, 4, C Nauert 1, 5, RT Pohl 1, 6, G Weiss 1, 7, B Steinhoff 1, 8, FH Kemper 1, 9
  • 1Gesellschaft für Phytotherapie, Hebborner Berg 51, 51467 Bergisch-Gladbach
  • 2Klinik und Poliklinik für Innere Medizin, Medizinische Fakultät, Universität Rostock Lehrstuhl für Naturheilkunde, Ernst-Heydemann-Str., 18055 Rostock
  • 3Steigerwald Arzneimittelwerk GmbH, Wissenschaftliche Abteilung, Havelstr. 5, 64295 Darmstadt
  • 4Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie, Biologische/Pflanzliche Arzneimittel, Friedrichstr. 148, 10117 Berlin
  • 5MCM Klosterfrau Vertriebsgesellschaft mbH, Gereonsmühlengasse 1 – 11, 50670 Köln
  • 6Rottapharm-Madaus GmbH, Scientific Affairs, Colonia Allee 15, 51067 Köln
  • 7Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH, Forschung und Entwicklung, Schiffenberger Weg 55, 35383 Gießen
  • 8Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller e.V., Pflanzliche Arzneimittel/Homöopathie, Ubierstr. 71 – 73, 53173 Bonn
  • 9Universitätsklinikum Münster, Domagkstr. 11, 48149 Münster

Die Abgrenzung pflanzlicher Arzneimittel von pflanzlichen Nahrungsergänzungsmitteln (Botanicals) ist derzeit wieder Gegenstand politischer Diskussionen auf EU-Ebene. Aktuell steht die Frage im Mittelpunkt, ob in Zukunft auf Tradition bezogene „Health Claims“ für pflanzliche Nahrungsergänzungsmittel (Botanicals) zulässig sein sollten.

Ausgangslage: Während pflanzliche Arzneimittel zur Heilung, Linderung, Verhütung bzw. Diagnose von Krankheiten vorgesehen sind, haben Nahrungsergänzungsmittel (NEM) einen Ernährungszweck bzw. sind aufgrund ihrer physiologischen Wirkungen zum Verzehr vorgesehen und sollen primär der Gesunderhaltung dienen.

Traditionelle „Health Claims“? Gegenwärtig wird eine Übertragung des bei pflanzlichen Arzneimitteln gültigen „traditional use“-Prinzips auf Botanicals diskutiert. Diese verbietet sich jedoch bereits deshalb, weil ein Krankheitsbezug bei NEM nicht zulässig ist.

Zudem sind bei pflanzlichen Arzneimitteln i.d.R. nicht nur eine lange, nachweisbare Tradition der arzneilichen Verwendung für eine bestimmte Indikation, sondern auch die genaue Zusammensetzung, Dosierung und Formulierung des Präparats dokumentiert. Für NEM sind dagegen, ebenso wie bei anderen Nahrungsmitteln, Änderungen der Art der Herstellung, der Qualität, der Zusammensetzung und nicht zuletzt auch der Verzehrgewohnheiten im Laufe der Zeit häufig. In einer aktuellen Stellungnahme an die Bundesregierung hat die GPT daher ihre bisherige Position [1] bekräftigt und sich gegen eine Einführung von traditionellen „Health Claims“ für Botanicals ausgesprochen. Die Bundesregierung ist diesem Vorschlag in ihrer Stellungnahme an die EU-Kommission gefolgt.

Fazit: Auch zukünftig sollte bei der Prüfung von „Health Claims“ für Botanicals entscheidend sein, dass der Beitrag für die Gesundheiterhaltung durch adäquate wissenschaftliche Belege hinreichend gesichert ist und dass ggf. die Dosis bzw. Menge derjenigen entspricht, die üblicherweise als Lebensmittel verzehrt wird. Dies schließt die Berücksichtigung präparatespezifischer Besonderheiten nicht grundsätzlich aus.

Es ist zu fordern, dass die Bewertung pflanzlicher NEM (Botanicals) auch in Zukunft unter Berücksichtigung einer sachgerechten Abgrenzung von den Phytopharmaka erfolgt [1]. Nur dann werden Nutzen und Schutz für die Patienten bzw. Verbraucher weiterhin sichergestellt werden können.

Literatur:

[1] Gaedcke F et al. In: Deutsche Forschungsgemeinschaft, Hrsg. Risk Assessment of Phytochemicals in Food. Weinheim: Wiley-VCH; 2010: 393 – 402