Zeitschrift für Phytotherapie 2013; 34 - V15
DOI: 10.1055/s-0033-1338190

Pharmakokinetik und Biopharmazie bei Phytopharmaka – wann und wie?

F Lang 1
  • 1Dr. Willmar Schwabe GmbH & Co. KG Analytische Entwicklung, Willmar-Schwabe-Str. 4, 76227 Karlsruhe

Die in Phytopharmaka enthaltenen Pflanzenextrakte sind komplexe Multikomponentengemische und werden in ihrer gesamten Zusammensetzung als Wirkstoff definiert. Nur in wenigen Fällen sind einzelne Inhaltsstoffe alleine verantwortlich für die Wirksamkeit (standardisierte und quantifizierte Extrakte). Somit ist in vielen Fällen (other extracts) ein wissenschaftlich/technischer Grund für die Durchführung von biopharmazeutischen/pharmakokinetischen Untersuchungen nicht gegeben, da die Targets nicht klar sind. Dies gilt für alle Fragestellungen bzgl. ADME. Besonders bei THMP haben pharmakologische, toxikologische und klinische Untersuchungen kaum noch Bedeutung. Die internationalen Regelwerke sehen folgerichtig biopharmazeutische und pharmakokinetische Untersuchungen bei HMP i.d.R. nicht vor. Bei der Entwicklung von neuartigen pflanzlichen Arzneimitteln mit moderner oder modifizierter Galenik können dagegen biopharmazeutische/pharmakokinetische Aspekte durchaus eine Rolle spielen. Hierzu gehört der Nachweis der Absorption/Exposition der Verummedikation im Rahmen von toxikologischen und klinischen Studien zur Compliancekontrolle und zur Prüfung der korrekten Therapiegruppenzugehörigkeit.

Bei klinischen Prüfungen mit Phytopharmaka (Dosisfindungs-, Wirksamkeits-, Verträglichkeitsstudien) werden die Anforderungen für chemisch definierte Wirkstoffe gerne auch auf Phytostudien übertragen. Dies gilt auch für Fragestellungen im Zusammenhang mit Nahrungsmittelinteraktionen sowie für Blutspiegel bei leber- oder niereninsuffzienten Patienten. Bei Darreichungsformen mit modifiziertem Freisetzungsverhalten (sustained/delayed release) sind biopharmazeutische und pharmakokinetische Untersuchungen und Bioverfügbarkeitsstudien meist obligatorisch.

Auch pharmakologisch-wissenschaftliche Fragen, wie z.B. zur Metabolitenidentifizierung pflanzlicher Inhaltsstoffe und zur Organverteilung/Gehirngängigkeit, werden ggf. durch pharmakokinetische Untersuchungen beantwortet. Die angesprochenen pharmakokinetischen Untersuchungen spielen sich sowohl im GMP- als auch im GCP- und GLP-Umfeld ab, sodass die Anforderungen mehrerer Qualitätsicherungssysteme erfüllt werden müssen. Die eigentliche pharmakokinetische Analyse erfolgt meist durch hoch entwickelte, empfindliche gekoppelte Verfahren.