PPH 2013; 19(02): 106-108
DOI: 10.1055/s-0033-1338162
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Publication Date:
20 March 2013 (online)

Psychische Störungen

Beruf und Privatleben leiden

Psychische Störungen führen vor allem im mittleren Lebensabschnitt zu einer massiven Beeinträchtigung und Behinderung im Beruf und Privatleben. Dies hat einschneidende, negative Auswirkungen auf die Lebensqualität und eine stark verminderte Erwerbs- und Arbeitsfähigkeit zur Folge. Dieses Bild zeichnet der kürzlich veröffentlichte Weltgesundheitsbericht, die „Global Burden of Disease Study 2010“ (GBD 2010).

Die gute Nachricht: Weltweit gesehen zeigt sich der Studie zufolge eine steigende Lebenserwartung. Die schlechten Nachrichten:

  • Die von chronischen Krankheiten betroffenen Menschen leiden länger unter krankheitsbedingten Beeinträchtigungen und Behinderungen, was zu einer größeren Krankheitslast in der Bevölkerung führt.

  • Psychische Erkrankungen haben vor allem im mittleren Lebensalter (20 bis 60 Jahre) häufig negative soziale und private Folgen.

  • Speziell in Westeuropa werden, der Studie zufolge, bis zu 40 Prozent der individuellen Krankheitslasten (Altersgruppe 20 bis 24 Jahre; über alle Altersgruppen hinweg liegt der Wert bei 21 Prozent), sogenannte YLDs („years lived with disability“), von psychischen Erkrankungen verursacht. Nur Skelettmuskelerkrankungen bedingen ein vergleichbares Maß an Beeinträchtigung. Konkret heißt das, dass sich unter den 25 größten Ursachen chronischer Beeinträchtigung sieben psychische oder Verhaltensstörungen befinden. Depression alleine bedingt dabei 9,1 Prozent aller YLDs. Die andere führende Ursache chronischer Beeinträchtigung, chronische Rücken- und Nackenschmerzen, geht zudem mit einer erhöhten Prävalenz psychischer Störungen einher.

In einer durch zunehmende Überalterung geforderten Gesellschaft ist der Erhalt von Gesundheit und von Leistungs- und Erwerbsfähigkeit bei Menschen, die an der Wertschöpfung teilnehmen, ganz besonders dringlich. Das betrifft insbesondere Menschen des mittleren Lebensalters. Die GBD-Studie zeigt, dass für dieses akute gesamtgesellschaftliche Ziel die Prävention und die Therapie psychischer Erkrankungen von zentraler Bedeutung sind – denn schon heute stellt diese Krankheitsgruppe die führende Ursache für vorzeitige Erwerbsunfähigkeit in Deutschland dar.

Nach wie vor ignoriere die Politik in Deutschland die wachsende Evidenz, kritisiert die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN). Denn bei der Vorstellung der Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung zur Bekämpfung der sechs wichtigsten Volkskrankheiten durch das Bundesforschungsministerium (BMBF) im Juni 2011 gingen die beiden Hauptursachen für die krankheitsbedingte Reduktion der Lebensqualität in der Bevölkerung leer aus.

„Weder für psychische Störungen noch für Muskelskeletterkrankungen wurden solche dauerhaften Forschungs- und Entwicklungszentren eingerichtet“, so Prof. Dr. med. Wolfgang Maier, Direktor der Psychiatrischen Klinik und Poliklinik an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn und zukünftiger Präsident der DGPPN. „Die Erarbeitung neuer Präventions- und Therapiestrategien erfolgt in diesen besonders wichtigen Krankheitsbereichen auch weiterhin lediglich auf der schmalen Basis befristeter Projektförderung.“

Deshalb fordert die DGPPN die Einrichtung eines Deutschen Zentrums für psychische Erkrankungen ebenso wie die Einbeziehung von Experten für psychische Erkrankungen in die aktuellen Pläne der Bundesregierung für eine Präventionsstrategie sowie die Demographiestrategie. Aus Sicht der DGPPN können gezielte präventive Maßnahmen und nachhaltige Behandlungskonzepte nur gemeinsam erarbeitet und gefördert werden.

Quelle: www.dgppn.de