Gesundheitswesen 2013; 75 - V14
DOI: 10.1055/s-0033-1337465

HIV/Tuberkulose-Komorbidität in Deutschland: neue Erkenntnisse aus etablierten Erhebungsinstrumenten

L Fiebig 1, C Kollan 1, B Gunsenheimer-Bartmeyer 1, O Hamouda 1, W Haas 1
  • 1Robert Koch-Institut, Abteilung für Infektionsepidemiologie, Berlin

Tuberkulose (TB) und HIV sind in Deutschland mit 5,3 gemeldeten Erkrankungen bzw. 3,5 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner (2011) für die öffentliche Gesundheit bedeutend. Sie können gleichzeitig auftreten und in negative Wechselwirkung treten. Aufgrund getrennter Meldewege nach Infektionsschutzgesetz (IfSG) liegen keine Meldedaten zur HIV/TB-Komorbidität vor. Daher wird untersucht, welchen Aufschluss andere etablierte Erhebungsinstrumente über das Vorkommen von HIV/TB in Deutschland geben.

Untersucht wurden die bundesweite Todesursachen (TU)-Statistik, das AIDS-Fallregister und die multizentrische Kohorte „Klinische Surveillance der HIV-Krankheit (ClinSurv HIV)“, die etwa 21% der behandelten HIV-positiven Personen bundesweit abbildet. Für jede dieser anonymen Datenquellen wurde die Anzahl der von 2002 – 2009 registrierten HIV/TB-Fälle bestimmt und kulturpositiven TB-Meldungen nach IfSG gegenübergestellt.

Die TU-Statistik verzeichnete im Studienzeitraum 59 HIV/TB-Fälle (ICD-10 Code B20.0). Dies entspricht 2,2% (59/2.658) aller unter HIV (B.20) klassifizierten Todesfälle und 3,9% (56/1.451) der nach IfSG übermittelten, an TB verstorbenen Patienten. Im AIDS-Fallregister hatten 8,2% (428/5.217) der AIDS-Patienten eine TB-Diagnose. Im Clinsurv-Kollektiv wurde bei 1,9% (298/15.531) eine neue TB mit Erkrankungsdatum im Studienzeitraum dokumentiert. Zeitgleich wurden 31.728 TB-Erkrankungen nach IfSG übermittelt.

Diese Studie beleuchtet aus verschiedenen Blickwinkeln das Vorkommen von HIV/TB in Deutschland und unterstreicht damit geltende Empfehlungen einer Diagnostik auf die jeweils andere Infektionskrankheit. Keines der Erhebungsinstrumente liefert bundesweite HIV/TB-Erkrankungszahlen, ClinSurv HIV bietet jedoch durch die zeitspezifischen Daten eine geeignete Grundlage für Schätzungen der HIV-Prävalenz unter TB-Patienten und der TB-Inzidenz unter HIV-positiven Personen in Deutschland.