Klinische Neurophysiologie 2013; 44 - P167
DOI: 10.1055/s-0033-1337308

Intraoperatives A-Train-Monitoring der Facialisfunktion bei Patienten mit rezidivierenden Vestibularisschwannomen

S Rampp 1, J Prell 1, C Scheller 1, J Rachinger 1, C Strauss 1
  • 1Universitätsklinik Halle (Saale), Neurochirurgie, Halle (Saale), Deutschland

Einleitung: Die operative Behandlung rezidivierender Vestibularisschwannome (VS) nach vorausgehender OP, stereotaktischer Radiochirurgie (SR) oder fraktionierter Radiotherapie (FR) ist problematisch z.B. aufgrund von Verwachsungen der Hirnnerven mit der Tumorkapsel und anderer Veränderungen. Zweiteingriffe tragen daher ein höheres Risiko für die Beeinträchtigung z.B. der Facialisfunktion. Intraoperatives Monitoring nimmt in diesem Zusammenhang daher einen hohen Stellenwert ein. Im Rahmen von Ersteingriffen bei Patienten mit VS wurden sog. „A-Trains“ beschrieben, deren Gesamtquantität eng mit der Ausprägung einer postoperativen Parese korreliert ist. Diese „Trainzeit“ kann als intraoperativer Warnparameter verwendet werden. Der Einsatz bei Patienten mit rezidivierenden VS nach OP, SR oder FR ist bisher nicht untersucht. In der vorgestellten Studie wurde daher der Stellenwert des A-Train-Monitoring bei Patienten mit Re-OP aufgrund eines rezidivierenden VS retrospektiv untersucht.

Material und Methode: Intraoperative EMG-Daten von Patienten, die sich zwischen 2006 und 2012 einer Re-OP eines rezidivierenden VS unterzogen, wurden retrospektiv ausgewertet. Selektionskriterien waren: rezidivierendes VS, Re-OP nach Erst-OP, SR und/oder FR, sowie kontinuierliche EMG-Aufzeichnung während der Re-OP. Insgesamt wurden 10 Patienten eingeschlossen: 5 Männer und 5 Frauen. Bei sieben Patienten war eine SR/RT durchgeführt worden, in den übrigen mindestens ein Eingriff und keine SR/RT. A-Train-Aktivität wurde mittels eines automatisierten Verfahrens detektiert und als „Trainzeit“ quantifiziert (Prell et al., 2007).

Ergebnisse: Die ersten A-trains wurden frühzeitig nach Duraeröffnung detektiert, vor der Präparation des N. facialis. Die Trainzeitwerte von Patienten mit früherer SR/RT erreichten im Durchschnitt 46,9 s (Range: 18,51 s-80,82 s) und waren deutlich höher als bei zwei der drei Patienten mit ausschließlicher Vor-OP: 0,06 s und 0,99 s (22,46 s im verbliebenen Patienten). Im Vergleich zu den berichteten Schwellenwerten (Prell et al., 2007) lagen die Werte bei sechs Patienten deutlich höher als erwartet: vier der sieben Patienten mit früherer SR/RT und zwei der drei Patienten nach ausschließlichem Ersteingriff. Sechs der sieben vorbestrahlten Patienten, jedoch keine Patienten mit ausschließlicher Vor-OP, wiesen ein diffuses Verteilungsmuster der A-Trains ohne „Hotspots“ auf, d.h. einzelne Kanäle mit mehr als einem Drittel der Gesamtaktivität (Rampp et al., 2012).

Diskussion: Insbesondere Vorbestrahlung, jedoch auch vorhergehende chirurgische Eingriffe aufgrund eines VS scheinen Veränderungen des B. facialis zu bedingen, die eine Übererregbarkeit und überhöhte Trainzeitwerte nach sich ziehen. Die Verwendung der A-Train-Quantität zum intraoperativen Monitoring des N. facialis kann daher nicht empfohlen werden. Trainzeitwerte sollten hier nur berücksichtigt werden, wenn niedrige Werte auftreten oder aber durch andere Methoden bestätigt werden.

Referenzen: Prell J, Rampp S, Romstöck J, Fahlbusch R, Strauss C. Train time as a quantitative electromyographic parameter for facial nerve function in patients undergoing surgery for vestibular schwannoma. J Neurosurg. 2007 May;106(5):826 – 32.

Rampp S, Rachinger J, Scheller C, Alfieri A, Strauss C, Prell J. How many electromyography channels do we need for facial nerve monitoring? J Clin Neurophysiol. 2012 Jun;29(3):226 – 9.