Klinische Neurophysiologie 2013; 44 - P154
DOI: 10.1055/s-0033-1337295

Funktionelle Konnektivität schmerzrelevanter Hirnregionen bei Patienten mit rheumatoider Arthritis – ein möglicher Biomarker?

B Sundermann 1, M Burgmer 2, E Pogatzki-Zahn 3, M Gaubitz 4, C Stüber 5, E Wessoleck 6, G Heuft 2, B Pfleiderer 1
  • 1Universitätsklinikum Münster, Institut für Klinische Radiologie, Münster, Deutschland
  • 2Universitätsklinikum Münster, Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie, Münster, Deutschland
  • 3Universitätsklinikum Münster, Klinik für Anästhesiologie, operative Intensivmedizin und Schmerztherapie, Münster, Deutschland
  • 4Akademie für Manuelle Medizin, Münster, Deutschland
  • 5Universitätsklinikum Münster, Medizinische Klinik B, Münster, Deutschland
  • 6Medizinische Hochschule Hannover, Klinik für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde, Hannover, Deutschland

Einleitung:

Neue Auswertestrategien kombinieren Resting-State-fMRT-Untersuchungen von definierten Netzwerken des Gehirns mit multivariaten Mustererkennungs-Methoden (MVPA), um daraus diagnostische Aussagen zu erhalten. Für die Schmerzverarbeitung relevante Hirnareale sind Bestandteile des sogenannten Default-Mode- (DMN) und Salience-Networks (SN). Ziel dieser Analyse ist die Untersuchung der korrelierten Aktivität von schmerzrelevanten Netzwerken in Ruhe bei Patienten mit einer rheumatoiden Arthritis (RA) im Vergleich zu gesunden Kontrollen. Untersucht werden soll, ob die Kombination von fMRT und MVPA eine Zuordnung der Probanden zu einer der beiden Gruppen ermöglicht. Dazu wurden verschiedene Auswerteansätze verglichen.

Material/Methode:

RA-Patienten (n = 16) und gesunde Kontrollpersonen (n = 17) wurden mit BOLD-fMRT (3T, Akquisitionszeit: 5 min) in einem Ruhezustand vor einer experimentellen Schmerzstimulation untersucht. 13 ROIs des DMN und 26 ROIs des SN wurden definiert. Mit DPARSF 2.1 basierend auf SPM8 wurde die Korrelation spontaner Signalfluktuationen in allen ROI-Paaren innerhalb der Netzwerke berechnet. Ein univariater Gruppenvergleich erfolgte mit t-Tests in SPSS und Korrektur für multiple Vergleiche. Diskriminative MVPA-Analysen wurden mit RapidMiner 5 mit Kreuzvalidierung durch Auslassung jeweils einzelner Probanden durchgeführt: 1. hypothesengeleitete Anwendung eines Einzelmodells (C-SVC aus LibSVM, linearer Kernel, C = 100, vorgeschaltete PCA), 2. explorative Berechnung von 46 weiteren Modellen und Vergleich mit einem Referenzniveau der diagnostischen Genauigkeit (jeweilige Zuordnung zur größeren Gruppe: 51,52%).

Ergebnisse:

Bei Korrektur für multiple Vergleiche zeigten sich keine signifikanten Unterschiede der funktionellen Konnektivität in SN und DMN im Gruppenvergleich. Das primär getestete MVPA-Modell war nicht in der Lage, Individuen korrekt als gesund oder RA zu klassifizieren (Genauigkeit 57,58%). In der explorativen Analyse konnten Einzelmodelle eine diagnostische Genauigkeit bis 78,79% erzielen (C-SVC aus LibSVM, linearer Kernel, C = 1, vorgeschaltete PCA, Gewichtung der ROI-Paare mit vorgeschalteten weiteren SVM-Modellen), andere Modelle jedoch nur 18,18% (decision tree mit PCA), durchschnittlich 49,35%.

Diskussion:

Die Studie liefert keinen eindeutigen Hinweis auf eine veränderte funktionelle Konnektivität in schmerzrelevanten zerebralen Netzwerken von RA-Patienten in Ruhe. Allerdings zeigt eine explorative Analyse trotz kleiner Stichprobe, dass MVPA mit optimierten Modellen in diesem Kontext möglicherweise Patienten von Kontrollen hinsichtlich der Schmerzverarbeitung differenzieren kann. Die beobachtete hohe Schwankungsbreite der Genauigkeit verschiedener Modelle lässt es ratsam erscheinen, Berichte über erfolgreiche MVPA-Einzelmodelle in relativ kleinen Stichproben vorsichtig zu interpretieren. In vergleichbaren Analysen in unabhängigen Daten sollte zunächst die Leistung von SVMs mit SVM-basierter Gewichtung der Daten geprüft werden.