Klinische Neurophysiologie 2013; 44 - P152
DOI: 10.1055/s-0033-1337293

Die mikrostrukturelle Integrität des dentato-thalamo-kortikalen Trakts ist mit dem Lernerfolg in der präzisen Zeitsteuerung von Bewegungen assoziiert

R Schulz 1, M Wessel 1, M Zimerman 1, C Gerloff 1, FC Hummel 1
  • 1Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Klinik für Neurologie, Hamburg, Deutschland

Einleitung: Das Erlernen zeitlich präzise ablaufender Fingerbewegungen erfordert das Zusammenspiel von kortikalen, subkortikalen und zerebellären Hirnregionen. Das Kleinhirn ist insbesondere in der frühen Phase beim Erlernen schneller Bewegungsmuster mit Intervallen im Millisekunden-Bereich beteiligt. Der dentato-thalamo-kortikale Trakt (DTC) verbindet das Kleinhirn mit kortikalen motorischen Hirnregionen, z.B. dem primären motorischen Kortex (M1). Ziel dieser Studie war es, die mikrostrukturelle Integrität dieser Verbindung zu quantifizieren und ihre Assoziation mit dem Lernerfolg in der präzisen Zeitsteuerung von Bewegungen zu untersuchen.

Probanden und Methoden: 20 junge Probanden (25 ± 0,6 Jahre alt, 8 Männer) nahmen an einer Fingertip-Aufgabe mit ihrer rechten, dominanten Hand teil. In einem ersten Synchronisierungsteil (1) galt es, einem akustisch vorgegebenen Rhythmus von 9 Tastendrücken mit 8 unterschiedlich kurzen Intervallen zu folgen, in einem zweiten Fortsetzungsteil (2) diesen Rhythmus aus der Erinnerung zu spielen. Gelernt wurde in 7 aufeinanderfolgenden Trainingsblöcke (T1-T7) und zwei Verlaufsblöcken: F1 90 min, F2 24h nach dem letzten Trainingsblock. Das Maß der erreichten Synchronisierung wurde basierend auf (1), die Rhythmizität als Maß für die zeitgenaue Fortsetzung des Rhythmus basierend auf (2) berechnet. Unter Anwendung der Diffusions-Tensor-Bildgebung wurden (i) der DTC zwischen Nucleus dentatus und kontralateraler Handrepräsentation von M1 mittels probabilistischer Traktografie rekonstruiert, (ii) dessen mikrostrukturelle Integrität anhand der mittleren fraktionellen Anisotropie (FA) quantifiziert und (iii) diese mit der Varianz im Lernerfolg korreliert. Zur Abschätzung der funktionellen Spezifität des DTC wurde der kortikospinale Trakt ausgehend von M1 (CST) ebenfalls rekonstruiert und dessen mittlere FA mit dem Lernerfolg in Beziehung gesetzt.

Resultate: Die Teilnehmer zeigten sowohl hinsichtlich der Synchronisierungs- (F(3.4,65.0)= 68,9, p < 0,001) als auch der rhythmischen Fortsetzungsleistung (F(3.6,68.3) = 8,5, p < 0,001) über die Zeit eine signifikante Verbesserung. Die relative Verbesserung über die einzelnen Abschnitte T7/T1, F1/T7 sowie F2/F1 wurden als Maß des Lernerfolges berechnet. Es zeigte sich eine signifikante positive Korrelation zwischen dem frühen Lernen in der Fortsetzung (F1/T7) und der mikrostrukturellen Integrität des DTC zwischen ipsilateralem Nucleus dentatus und kontralateralem M1 (R = 0,550, p < 0,05 Bonferroni korrigiert für 4 Trakte). Der CST des kontralateralen M1 zeigte keine signifikante Korrelation (R = 0,450, p = 0,19, n.s.). Weder die übrigen Verbesserungen im Fortsetzungslernen noch die Lernerfolge in der Synchronisierung zeigten signifikante Assoziationen mit der Integrität von DTC und CST.

Zusammenfassung: Die mikrostrukturelle Integrität des dentato-thalamo-kortikalen Fasertrakts zwischen ipsilateralem Nucleus dentatus und kontralateralem M1 ist mit dem frühen Lernerfolg assoziiert, einen Fingerbewegungs-Rhythmus zeitgenau fortzusetzen. Dieses Ergebnis unterstützt das Verständnis der Struktur-Funktionsbeziehung während motorischem Lernen.