Klinische Neurophysiologie 2013; 44 - P144
DOI: 10.1055/s-0033-1337285

Binokulare Integration und Visus nach asymmetrischen Sakkaden

B Blum 1, 2, D Kirchhoff 2, T Eggert 1, 2, O Ehrt 1, 2, A Straube 1, 2
  • 1Klinikum der Universität München (LMU), Deutsches Schwindelzentrum, München, Deutschland
  • 2Klinikum der Universität München (LMU), Neurologische Klinik und Poliklinik, München, Deutschland

Fragestellung:

Die binokulare Sehschärfe nach asymmetrischen Sakkaden ist im Vergleich zur Sehschärfe während Fixation über die Dauer der sakkadischen Suppression hinaus deutlich verschlechtert (Blum et al., 2012). Postsakkadische Vergenzbewegungen sind für diese Visusminderung nicht ausschlaggebend (Blum et al., 2012). Zur Untersuchung des Einflusses der binokularen Integration auf den postsakkadischen Visus wurden asymmetrische Sakkaden aufgezeichnet. Die Sehschärfe wurde zwischen binokularen und monokularen Bedingungen verglichen.

Methoden:

Die Augenbewegungen von zehn gesunden Probanden wurden mit dem EyeSeeCam Videookulografiesystem (Dera et al., 2006) unter binokularen und monokularen Bedingungen aufgezeichnet. Zur Bestimmung des jeweiligen Ausgangswerts der Sehschärfe mussten die Probanden erkennen, in welche von vier möglichen Richtungen (forced choice) die Lücke eines für 0,1 s dargebotenen Landolt-C wies. Diese Aufgabe wurde sowohl während Fixation als auch unmittelbar nach Sakkaden zwischen zwei seitlichen Fixationszielen (0,5 m Abstand, 10 ° links/rechts) und dem Bildschirm (4 m Abstand) durchgeführt.

Ergebnisse:

Unter binokularer Fixation erreichten alle Probanden eine maximale Sehschärfe mit einem Median von 2,37' (Interquartilsabstand (IQR)= 2,23'-3,39'). Unter monokularer Fixation war die Sehschärfe (Med.= 3,08', IQR = 2,67 – 4,42') signifikant schlechter (zweiseitiger gepaarter t-Test auf log10-Sehschärfe: t(9)=-4,56, p < 0,002). Postsakkadisch war die Sehschärfe sowohl in der binokularen Bedingung (Med.= 9,14', IQR = 7,22'-15,49') als auch in der monokularen Bedingung (Med.= 6,78', IQR = 5,40'-14,98') signifikant schlechter (t(9)=-14,30, p < 0,001 und t(9)=-4,33, p < 0,002). Die binokularen und monokularen postsakkadischen Sehschärfen der Gruppe unterschieden sich nicht signifikant voneinander (t(9)= 1,23, p = 0,25).

Schlussfolgerung:

Während Fixation erreichten alle Probanden in der binokularen Bedingung bessere Sehschärfen als in der monokularen Bedingung. Postsakkadisch trat dieser Unterschied nicht auf. Tendenziell war die binokulare postsakkadische Sehschärfe sogar schlechter als die monokulare. Dies deutet darauf hin, dass binokulare Integration für die Sehschärfe während Fixation eine wichtigere Rolle spielt als unmittelbar nach asymmetrischen Sakkaden.

Das diesem Bericht zugrundeliegende Vorhaben wurde mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung unter dem Förderkennzeichen 01EO0901 gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt beim Autor.

Literaturverzeichnis:

Blum et al., 2012Blum, B., Kirchhoff, D., Bickmann, A., Ehrt, O., Straube, A., and Eggert, T. (2012). Heterophoria: Vergence stability and visual acuity after asymmetric saccades. Journal of Eye Movement Research, 5(5):4, 1 – 9.

Dera et al., 2006Dera, T., Böning, G., Bardins, S., and Schneider, E. (2006). Low-latency video tracking of horizontal, vertical, and torsional eye movements as a basis for 3DOF realtime motion control of a head-mounted camera. In Proceedings of the IEEE Conference on Systems, Man, and Cybernetics, pages 5191 – 5196. Taipei, Taiwan.