Klinische Neurophysiologie 2013; 44 - P138
DOI: 10.1055/s-0033-1337279

BPPV: Befreiungsmanöver führen zur Reposition der Otokonien auf den Utrikulus – eine Untersuchung mit okulären VEMP

M Strupp 1, T Bremova 1
  • 1Klinikum Großhadern, Deutsches Schwindelzentrum, München, Deutschland

Einleitung: Ob es durch die Befreiungsmanöver bei der Behandlung des BPPV tatsächlich zu einer Reposition der Otokonien zu den Otolithenorganen kommt, ist bislang nicht geklärt. Die Funktion von Utriculus und des Sacculus und damit eine mögliche Reposition der Otokonien lässt sich mittels okulärer und cervikaler vestibulär evozierter myogener Potenziale (oVEMP und cVEMP) apparativ untersuchen. In einer prospektiven Studie wurden deshalb mit dieser Methodik die folgenden drei Hypothesen mittels oVEMP und cVEMP überprüft: 1. Es kommt zur Reposition der dislozierten Otokonien nach erfolgreicher Durchführung der Befreiungsmanöver bei BPPV und zwar aus anatomischen Gründen auf die utrikuläre Macula. 2. Dies führt zur Erhöhung der oVEMP n10 und peak-to-peak (PP: n10-p15) Amplituden. 3. Die cVEMP p13 und PP Amplituden ändern sich nicht als Hinweis dafür, dass nicht zu einer Reposition auf den Sacculus kommt.

Methoden: Dreißig Patienten (N = 30, 18 Frauen, Alter: 68,8 ± 12,9 Jahre) mit unilateralem pc-BPPV (66,7% rechts) wurden mittels vibratorisch-induzierter oVEMP und akustisch-induzierter cVEMP zu vier Zeitpunkten untersucht: unmittelbar vor, eine Woche und einen Monat nach den Lagerungsmanövern nach Sémont.

Ergebnisse: In der Verlaufskontrolle nach einer Woche waren 20 der 30 Patienten asymptomatisch. Bei asymptomatischen Patienten zeigte sich im Vergleich zu den noch symptomatischen Patienten eine signifikante Erhöhung der oVEMP n10 Amplituden auf der betroffenen Seite (15,89 ± 7,10µV vs. 9,11 ± 4,33µV, p = 0,01). Im nicht-betroffenen Ohr zeigte sich ein Trend zu höheren n10-Amplituden. Nach einem Monat fand sich weder auf der betroffenen noch auf der nicht-betroffenen Seite eine Amplitudenerhöhung. Die cVEMP waren zu allen Zeitpunkten in allen Gruppen unverändert.

Abb. 1: OVemps n10 Amplituden in Responders (oben links) und Non-responders (oben rechts) im betroffenen Ohr. Die Erhöhung der Amplituden von der Baseline bis zur Follow-up Kontrolle nach einer Woche in Responders und Non-responders. TP – Time Point (TP0 – vor der initialen Therapie, TP1 – gleich nach der Therapie, TP2 – in Follow-up Kontrolle nach einer Woche, TP3 – in Follow-up Kontrolle nach einem Monat)

Diskussion: Die vorübergehende Erhöhung der oVEMP-Amplituden bei Patienten mit erfolgreich therapiertem BPPV im betroffenen Ohr stützt die Hypothese, dass es zur Reposition der Otokonien kommt und zwar auf den Utriculus. Die Latenz dieser Erhöhung von einer Woche lässt sich dadurch erklären, dass Otokonien zuerst in die mukoziliare Matrix des Utrikulus eingelagert werden, bevor es zu einer Erhöhung der oVEMP-Amplituden kommt. Die Normalisierung der VEMP-Amplituden lässt sich durch eine zentrale vestibuläre Kompensation erklären.