Klinische Neurophysiologie 2013; 44 - P125
DOI: 10.1055/s-0033-1337266

Der Einfluss von Hirnläsionen auf räumliches Lernen in einer virtuellen Water Maze: Eine Untersuchung an Patienten mit erworbener Hirnschädigung

L Mendil 1, E Roggenhofer 2, H Obrig 1, 2, G Kempermann 3, A Villringer 1, 2, A Garthe 3, TA Klein 1, 2
  • 1Tagesklinik für Kognitive Neurologie, Leipzig, Deutschland
  • 2Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften, Neurologie, Leipzig, Deutschland
  • 3Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen, Dresden, Deutschland

Einleitung:

Die Morris Water Maze (Morris, 1981, 1984) ist das am häufigsten verwendete Testparadigma zur Untersuchung hippocampus-abhängigen räumlichen Lernens bei Labormäusen und -ratten. In den letzten Jahren wurde die Water Maze als computerbasierte Simulation für die Verwendung in Humanstudien adaptiert. Die Ergebnisse sowohl tierexperimenteller Forschung als auch klinisch läsionsbasierter und funktioneller Studien am Menschen legen eine besondere Relevanz des Hippocampus und präfrontaler Hirnstrukturen für räumliches Lernen nahe.

Methode:

Im Rahmen eines quasi-experimentellen Designs wurden 2 Patientengruppen mit erworbener Hirnschädigung entweder in (para-) hippocampalen oder präfrontalen (orbitofrontaler und medial präfrontaler Kortex) Hirnregionen (morphologisch anhand 3T MRT, 3D-T1-gewichteter MP-RAGE nachgewiesen) in einer an 2 aufeinanderfolgenden Tagen durchgeführten virtuellen Water Maze Aufgabe sowie in weiteren neuropsychologischen Testverfahren zu den Bereichen Aufmerksamkeit, Gedächtnis und exekutive Funktionen getestet. Die Ergebnisse wurden mit denen gesunder, gematchter Kontrollprobanden verglichen.

Ergebnisse:

Erste Ergebnisse zeigten signifikante und spezifische Defizite von Patienten mit (para-) hippocampalen Läsionen in der virtuellen Water Maze Aufgabe. Während die Fähigkeit zum Erlernen der Plattformposition grundsätzlich erhalten war, fanden sich Hinweise auf eine beeinträchtigte Konsolidierungsleistung. Demgegenüber erreichten Patienten mit Läsionen in der präfrontalen Region Kontrollniveau. Regressionsanalytische Ergebnisse wiesen zudem auf eine Beteiligung des mittel- und längerfristigen Behaltens, der Handlungsplanung und -kontrolle sowie des Arbeitsgedächtnisses an räumlichem Lernen hin.

Diskussion:

Die beobachteten Defizite infolge (para-) hippocampaler Hirnläsionen legen eine mangelnde flexible Verwendung von Landmarken und ihren räumlichen Konfigurationen nahe. Insgesamt unterstützen die Ergebnisse den Einsatz computerbasierter Simulationen der Morris Water Maze in der Untersuchung hippocampus-abhängiger räumlicher Orientierung und räumlichen Lernens beim Menschen.

Referenzen:

Morris, R. G. M. (1981). Spatial localization does not require the presence of local cues. Learning and Motivation, 12(2), 239 – 260.

Morris, R. G. M. (1984). Developments of a water-maze procedure for studying spatial learning in the rat. Journal of Neuroscience Methods, 11(1), 47 – 60.