Klinische Neurophysiologie 2013; 44 - P124
DOI: 10.1055/s-0033-1337265

Fatigue und Depression bei chronischer Hepatitis C

S Herzig 1, L Klose 2, H Tenckhoff 3, T Berg 3, M Wiese 4, A Thöne-Otto 1, ML Schroeter 1, 2, A Villringer 1, 2
  • 1Uniklinikum, Tagesklinik Kognitive Neurologie, Leipzig, Deutschland
  • 2MPI für Kognitions-und Neurowissenschaften, Leipzig, Deutschland
  • 3Uniklinikum, Sektion Hepatologie, Leipzig, Deutschland
  • 4Schwerpunktpraxis Hepatologie, Leipzig, Deutschland

Einleitung:

In den letzten Jahren hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass Hepatitis C nicht nur eine rein hepatologische Erkrankung ist, sondern auch entscheidende neuro-psychiatrische Komponenten aufweist. So berichten 50% der HCV-infizierten Patienten über chronische Müdigkeit, Depression, Aufmerksamkeits- und Gedächtnisdefizite, welche im Laufe der Jahre zunehmen und sich intermittierend verstärken (u.a. Forton, 2002). In verschiedenen Studien wurde nachgewiesen, dass Aufmerksamkeit, Arbeitsgedächtnis und verbale Lernfähigkeit bei den betroffenen Patienten signifikant gestört sind (z.B. Weissenborn 2004, Fontana, 2005, 2007). In unserer Untersuchung verglichen wir infizierte Patientinnen bezüglich Fatigue und Depression mit gesunden Kontrollen und analysierten die Interaktion von beiden klinischen Symptomen.

Material/Methode:

Untersucht wurden 58 chronisch erkrankte Patientinnen und 25 gesunde Kontrollprobandinnen gleichen Alters, gleicher Bildung und Komedikation. Die Patientinnen wurden 1978/79 in der ehemaligen DDR durch eine kontaminierte Anti-D-Immunprophylaxe im Rahmen ihrer Schwangerschaft mit Hepatitis C infiziert. Es wurden verschiedene Laborwerte (u.a. ASAT, ALAT, GGT, Bilirubin, Viruslast bzw. HCV-AK-Titer) bestimmt. Alle Patientinnen und Kontrollprobandinnen wurden einem Interview mit der Hamilton Depressions-Skala (HAMD) unterzogen und bewerteten ihre Erschöpfungsneigung im Fatigue-Fragebogen (FIS-d). Die Patientinnen wurden vier Gruppen zugewiesen: spontan ausgeheilt, nach Therapie ausgeheilt, nie therapiert und erfolglos therapiert.

Ergebnisse:

Mit Ausnahme der spontan ausgeheilten Gruppe zeigten alle Patientengruppen signifikant höhere Fatiguewerte als die Kontrollgruppe. Nie therapierte Patientinnen zeigten zudem eine höhere Fatigue als spontan ausgeheilte. Auch hinsichtlich Depressivität fanden sich bei den nie therapierten sowie den erfolglos therapierten Patientinnen signifikant höhere Werte als in der Kontrollgruppe. In Spearman-Korrelationsanalysen untersuchten wir die Zusammenhänge zwischen Fatigue und Depressivität sowie verschiedenen Laborparametern, für die signifikante Gruppenunterschiede gefunden wurden. So waren FIS- und HAMD-Rohwerte miteinander hoch korreliert, und zeigten darüber hinaus einen signifikanten Zusammenhang sowohl mit dem PCR-Wert als auch mit den Leberwerten ASAT, ALAT, GGT.

Diskussion:

60% der von uns untersuchten Patientinnen beschrieben eine Fatigue-Symptomatik. Dabei waren Patientinnen, deren Infektion spontan ausgeheilt war, am wenigsten betroffen. Fatigue ist ein nicht gut verstandenes Phänomen vieler Erkrankungsentitäten. Wir konnten klare Zusammenhänge zu Viruslast und Leberwerten einerseits und zu Depressivität andererseits bei Patientinnen mit chronischer Hepatitis C nachweisen.