Klinische Neurophysiologie 2013; 44 - P117
DOI: 10.1055/s-0033-1337258

Ereigniskorrelierte Potentiale in der (sub)akuten Phase von Aphasien nach ischämischem Schlaganfall

K Wrede 1, S Kotz 1, A Villringer 1, H Obrig 1
  • 1Universitätsklinikum Leipzig, Klinik und Poliklinik für Neurologie, Leipzig, Deutschland

Fragestellung:

Die Studie untersucht den Verlauf elektrophysiologischer Korrelate (EPK) der Sprachperzeption in der akuten (AP) und subakuten (SAP) Phase des Schlaganfalls (SA). Dazu wurde ein N400-Paradigma in zwei Altersgruppen etabliert. In der 2. Studie sollte der Verlauf der N400 Amplitude in der ersten Woche nach einem SA und in der SAP und frühchronischen Phase der Aphasie untersucht werden. Der N400-Effekt bei Sprachgesunden korreliert mit den Anforderungen an die lexikalische Suchleistung. Kontextinkongruente Wörter evozieren eine größere N400 als Wörter, die durch den Kontext geprimed sind. Im chronischen Stadium einer Sprachstörung wurde gezeigt, dass Sprachverständnisdefizite die sprachkorrelierten EKP-Komponenten beeinflussen (Hagoort et al. 1996).

Methoden:

1. Studie: 16 jüngere (21 – 28J.),16 ältere (60 – 72J.) gesunde Probanden.

2. Studie:15 Patienten in AP und SAP eines ischämischen SAs mit Media(teil)infarkt links (1. SA) + altersgematchte Kontrollgruppe (KG).

Material: Bild-Wort/Wort-Bild Paradigma (B-W_P/W-B_P). Das Wort wurde auditiv präsentiert, per Tastendruck wurde entschieden, ob es mit dem zuvor oder danach präsentierten Bild kongruent (con) oder inkongruent (inc) war.

Durchführung: Messung der Probanden (Studie 1) und der KG (Studie 2) am MPI. Die Patienten (Studie 2) wurden in der ersten Woche nach dem SA 3x auf der Stroke Unit untersucht. Verlaufsmessungen folgten 4 Wochen und 3 Monate später. Zu jeder Messung erfolgte eine Diagnostik (Bielefelder Aphasie Screening, Richter et al., 2006).

Ergebnisse:

Die gesunden Probanden zeigten in beiden Paradigmen einen N400-Effekt (con_N400 < inc_N400). Der Effekt war ebenso bei den Patienten in der AP in dem B-W_P zu sehen und blieb stabil bis 3 Monate post onset. Das W-B_P führte erst einen Monat nach SA zu einer signifikanten Unterscheidung.

Schlussfolgerung:

Das genutzte Paradigma zur Untersuchung der EPK des lexiko-semantischen Zugriffs ließ sich bei akuten SA-Patienten in einem intensivmedizinischen Setting gut durchführen. In der AP profitierten die Patienten von dem nicht-sprachlichem Material (Bilder), indem der rezeptive Wortabruf konsequenter durchgeführt werden konnte. Dies resultierte in einer unterschiedlichen Amplitudenhöhe der Bedingungen im EEG (N400-Effekt). Sprachliches Material hingegen stellt nicht nur in der Kommunikation mit dem Patienten ein Problem dar, sondern auch in der experimentellen Bedingung konnten sprachliche Defizite durch das Ausbleiben der N400-Komponente nachgewiesen werden (W-B_P).