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DOI: 10.1055/s-0033-1337249
Zusammenhang zwischen klinischer Aphasiediagnostik und hirnmorphologischen Läsionsmustern: Eine VLSM Studie bei Patienten mit chronischer Aphasie
Einleitung:
Bei Patienten mit Aphasie nach Schlaganfall sind perisylvische Läsionen die Regel. Der Zusammenhang zwischen genauem Läsionsort und Aphasieprofil wird jedoch bis heute kontrovers diskutiert. Die Studie untersucht bei Patienten mit chronischer Aphasie den Zusammenhang zwischen Ergebnissen der sprachlichen Standarddiagnostik und Läsionsmustern. Es wurde zunächst ermittelt, ob die komplexen und zum Teil heterogenen sprachlichen Untertests des Aachener Aphasie Tests (AAT) mit dissoziierbaren Läsionsmustern in Zusammenhang stehen. Auch für Beeinträchtigungen auf den verschiedenen Ebenen der Spontansprache wurden die relevanten Schädigungsmuster ermittelt. Schließlich wurden spezifische Tests mit der Frage analysiert, ob sich die Muster weiter differenzieren lassen.
Material/Methode:
102 Patienten mit chronischer Aphasie nach linksseitigem Mediateilinfarkt wurden aus der Datenbank der Tagesklinik für Kognitive Neurologie Leipzig ausgewählt (Alter: 52 ± 12 Jahre). Die Läsionen wurden manuell markiert (MRIcron), die Bilder segmentiert und normalisiert (unified segmentation approach, SPM8) und das Verfahren des Voxel-based-lesion-symptom mapping eingesetzt (VLSM, Rorden et al. 2007). Hierbei wird überprüft, ob eine Schädigung in einem Voxel mit einem signifikant schlechteren Abschneiden in einem Test in Zusammenhang steht (t-test, FDR-korrigiert). Als Hauptquelle für die Verhaltensmaße diente der AAT mit seinen Untertest. Ergänzt wurde dieser durch eine Reihe weiterer, spezifischerer Tests zu einzelnen linguistischen Teilleistungen sowie neuropsychologische Tests.
Ergebnisse:
Auf Ebene der Spontansprachbewertung des AAT lassen sich für einzelne Bewertungsebenen dissoziierbare Läsionsmuster ermitteln. So sind insuläre Läsionen mit Einschränkungen auf der Ebene „Artikulation“ assoziiert und Läsionen im supramarginalen Gyrus mit schlechteren Leistungen auf Ebene der „Phonematischen Struktur“ (Abb. 1,2). Unspezifischer sind dagegen die Muster für die Ebenen „Kommunikationsverhalten“, „Automatisierte Sprache“, „Semantische Struktur“ und für den „Token Test“. Zusätzlich zeigen sich für weitere Tests des AAT dissoziierbare Muster. So sind Läsionen im superioren temporalen und ventrolateralen frontalen Kortex mit Sprachverständnisstörungen assoziiert und Läsionen in weiter posterior gelegenen temporo-parietalen Gebieten mit einer gestörten Nachsprechleistung. Zusätzlich lassen sich mithilfe spezifischer Tests detailliert die Läsionsmuster bestimmen, die mit Leistungsstörungen beim Benennen in verschiedenen Kategorien und der semantischen Feindifferenzierungen in Verbindung stehen.
Diskussion:
Es zeigen sich Zusammenhänge zwischen Untertests des AAT und dissoziierbaren Schädigungsmustern. Anhand spezifischerer Tests deuten sich zudem weiter differenzierbare Läsionsmuster an. Neuere Analyseverfahren wie VLSM können somit dazu beitragen, die Zusammenhänge zwischen Testwerten aus der Aphasiediagnostik und den zugrundeliegenden Schädigungsmustern im Gehirn besser zu verstehen.

Abb. 1: AAT Spontansprache Artikulation: Läsionen im Bereich der Insel und angrenzender Strukturen gehen mit Beeinträchtigungen auf der Ebene der Artikulation einher (t-test, FDR = 0,01, n = 101). Dargestellt sind nur signifikante Ergebnisse (Z> 2,82).

Abb. 2: AAT Spontansprache Phonematische Struktur: Läsionen im supramarginalen Gyrus sind mit Beeinträchtigungen auf der Ebene der phonematischen Struktur assoziiert (t-test, FDR = 0,01, n = 101). Dargestellt sind nur signifikante Ergebnisse (Z> 2,78).
Literatur:
Rorden, C. et al. (2007). Improving lesion-symptom mapping. J Cog Neurosci, 19(7), 1081 – 88.