Klinische Neurophysiologie 2013; 44 - P102
DOI: 10.1055/s-0033-1337243

Unterschiedliche Navigationsstrategien von Frauen und Männern in realer Umgebung und ihre Korrelate im Hirnaktivierungsmuster

F Schöberl 1, A Zwergal 1, J Engmann 1, G Kugler 1, S Kohlbecher 1, G Xiong 1, T Brandt 1, M Dieterich 1, E Schneider 1, C LaFougère 1, K Jahn 1
  • 1Klinikum Großhadern, Neurologie, München, Deutschland

Einleitung: Virtuelle Navigationstests zeigen unterschiedliche räumliche Orientierungsstrategien bei Frauen und Männern. Ziel der vorliegenden Studie war es, das Navigationsverhalten gesunder Frauen und Männer in einem realen Navigationsparadigma zu untersuchen und gleichzeitig die dabei aktivierten Hirnareale zu erfassen.

Material und Methoden: 16 gesunde Normalpersonen (8 Frauen, Alter 45 bis 65 Jahre) mussten in einer nicht vertrauten räumlichen Umgebung ein Navigationsparadigma ausführen. Dazu wurde den Probanden zunächst die Räumlichkeit gezeigt, in der 5 Gegenstände verteilt worden waren (Exploration). Anschließend wurde FDG injiziert und die Probanden sollten auf Anweisung in pseudorandomisierter Reihenfolge über einen Zeitraum von 10 min die Symbole wieder finden (Navigation). Die Probanden trugen dabei zur Dokumentation des visuellen Navigationsverhaltens eine blickgesteuerte Kopfkamera. Als Vergleichbedingung mussten die Probanden nach Injektion von FDG für 10 min in einem langen Gang gehen ohne zu navigieren (la Fougère et al, 2010). 30 min p.i. wurde jeweils eine PET-Messung durchgeführt. In der Auswertung wurde die Hirnaktivierung bei der Navigationsbedingung gegen eine stereotype Lokomotionsbedingung verglichen und mit dem aufgezeichneten Blickverhalten bei Navigation korreliert.

Ergebnisse: Die videobasierte Auswertung des Navigations- u. Blickverhaltens zeigte bei den Männern eine Neigung zur Navigation nach einer „kognitiven räumlichen Karte“, bei den Frauen hingegen eine überwiegend Landmarken-basierte Navigationsstrategie. So verwendeten die Männer deutlich häufiger Abkürzungen zu den einzelnen Zielpunkten, während Frauen den ursprünglich gezeigten Weg einschlugen und dabei signifikant häufiger auf spezifische Fixationspunkte als visuelle Orientierungshilfen zurückgriffen. Bildgebend zeigte sich im Geschlechtervergleich bei den Frauen eine deutliche Mehraktivierung des posterioren Parahippocampus sowie des Parietalkortex beidseits.

Diskussion: Das reale Navigationsverhalten gesunder Frauen und Männer unterscheidet sich signifikant. Die auf visuelle Bezugspunkte ausgelegte Landmarken-basierte Navigationsstrategie der Frauen korreliert mit einer Mehraktivierung des posterioren Parahippocampus und parietaler, kortikaler Areale beidseits.