Klinische Neurophysiologie 2013; 44 - P92
DOI: 10.1055/s-0033-1337233

Behandlung von Patienten mit Multifokaler Motorischer Neuropathie (MMN) mit Immunglobulinen im prospektiven SIGNS-Register

C Sommer 1, R Gold 2, M Stangel 3, D Pittrow 4, D Huscher 5, 6, W Kirch 4, U Baumann 7, M Fasshauer 8, M Borte 8, M Reiser 9, M Hensel 10
  • 1Universitätsklinikum, Neurologische Klinik, Würzburg, Deutschland
  • 2Ruhr-Universität Bochum, Neurologische Klinik, Bochum, Deutschland
  • 3Medizinische Hochschule, Abteilung für Neurologie, Hannover, Deutschland
  • 4Technische Universität Dresden, Institut für Klinische Pharmakologie, Dresden, Deutschland
  • 5Charité, Berlin, Deutschland
  • 6Deutsches Rheumaforschungszentrum (DRFZ), Berlin, Deutschland
  • 7Medizinische Hochschule (MHH), Pädiatrische Pneumologie, Allergologie und Neonatologie, Hannover, Deutschland
  • 8Klinikum St. Georg, Pädiatrische Rheumatologie, Immunologie und Infektiologie, Leipzig, Deutschland
  • 9PIOH Praxis Internistische Onkologie, Köln, Deutschland
  • 10Mannheimer Onkologie Praxis, Mannheim, Deutschland

Einleitung: Humane Immunglobuline, überwiegend IgG, werden unter anderen zur Immunmodulation bei neurologischen Autoimmunerkrankungen (NAID) wie Guillain-Barré-Syndrom (GBS), chronisch inflammatorisch demyelinisierender Polyneuropathie (CIDP) und multifokaler motorischer Neuropathie (MMN) eingesetzt. Derzeit sind 16 IgG-Präparate in Deutschland für die intravenöse (IV) oder subkutane (SC) Anwendung bei primären und sekundären Immundefekten, aber nur 2 Präparate selektiv für jeweils eine chronische Neuropathie zugelassen.

Methode: SIGNS (Assessment of immunoglobulins in a long-term non-interventional study, NCT01287689) erfasst derzeit aktuelle Daten zur Anwendung von IgG in 66 Zentren. Patienten mit bestehender oder neu initiierter IgG-Therapie werden hinsichtlich Therapiemuster (Präparatewahl, Dosierung etc.), Wirksamkeit (Funktionalität bei NAID), Verträglichkeit, Lebensqualität und Therapiekosten über mindestens zwei Jahre beobachtet.

Ergebnisse: Mit Stand 3. November 2012 wurden 111 mit NAID, davon 29 MMN-Patienten, dokumentiert. Die MMN-Patienten waren im Mittel 57,9 ± 9,2 Jahre alt und in 69% Männer. Erste Symptome wurden 14,3 ± 13,8 Jahre vor Einschluss berichtet, die durchschnittliche Dauer seit Diagnose war 7,1 ± 6,7 Jahre.

Für 22 Patienten wurden die Daten bereits in einem spezifischen MMN-Bogen dokumentiert. Bei 13 Patienten (59,1%) wurde die MMN als Initialdiagnose richtig gestellt. 15 Patienten hatten einen Leitungsblock (davon 8 gemäß EFNS/PNS-Kriterien), 5 weitere Patienten keinen (fehlende Angabe bei den weiteren Patienten). Bei einem Patienten wurde eine multifokale erworbene demyelinisierende sensorische und motorische Neuropathie diagnostiziert (MADSAM). Bei Dokumentationsbeginn wurde der klinische Status bei 19 Patienten als stabil und bei 2 als fortschreitend beschrieben (fehlende Angabe bei 1 Patienten). Eine insgesamt normale Muskelkraft nach MRC wurde im Oberarm bei 10 Patienten, im Unterarm bei 3, in der Hand bei 1, im Oberschenkel bei 13 und im Unterschenkel und Fuß bei 10 Patienten von insgesamt 17 beurteilten Patienten angegeben (Tabelle).

Bei den 29 MMN-Patienten wurden aktuell 4 verschiedene IV und 1 SC IgG dokumentiert. Nach Einschluss erhielten die Patienten IV IgG in einer mittleren 4-Wochen Dosierung von 0,6 g/kg Körpergewicht (Median: 0,4 g/kg KG; min. 0,05 mg/kg KG, max. 2,2 g/kg KG). Die Lebensqualität der Patienten war im SF-36 Fragebogen deutlich vermindert (Abbildung).

Diskussion: MMN-Patienten sind erwartungsgemäß funktionell sowie hinsichtlich ihrer Lebensqualität stark eingeschränkt. Vor dem Hintergrund einer im Allgemeinen großen Dosierungsbandbreite erhalten sie im Vergleich zu Patienten mit anderen NAID etwas höhere IgG-Dosen. Die hier im Rahmen der SIGNS Studie erhaltenen Daten sollen zur Therapieoptimierung der betroffenen Patienten beitragen.