Klinische Neurophysiologie 2013; 44 - P86
DOI: 10.1055/s-0033-1337227

Muskelultraschall in der Diagnosestellung der amyotrophen Lateralsklerose

A Grimm 1, T Prell 1, OW Witte 1, H Axer 1, J Großkreutz 1
  • 1Hans-Berger Klinik Universität Jena, Neurologie, Jena, Deutschland

Fragestellung: Nutzen von Muskelultraschall in der Diagnosestellung der ALS

Registrierung im DRKS (German clinical trial register) mit DRKS-ID: DRKS00004322

Patienten: Daten von 60 Patienten mit ALS in verschiedenen Erkrankungsstadien im Vergleich zu 20 Patienten mit anderen, initial ALS-ähnlichen neuromuskulären Erkrankungen und 30 gesunden Kontrollpersonen

Methodik: Alle Patienten wurden klinisch, elektromyographisch und myosonographisch untersucht. Gesunde Kontrollen erhielten keine Elektromyografie. Alle Patienten zeigten typische Symptome der amyotrophen Lateralsklerose. Die Muskelechogenität wurde semiquantitativ bestimmt; das Vorkommen von Faszikulationen und Fibrillationen wurde in verschiedenen anatomischen Regionen (bulbär, zervikal, thorakal und lumbal) erhoben.

Ergebnisse: Circa 90% aller ALS-Patienten zeigten eine signifikant erhöhte Muskelechogenität in allen Muskelgruppen verglichen zu anderen Patienten mit neuromuskulären Erkrankungen und zu gesunden Kontrollen. Faszikulationen fanden sich sonographisch in allen anatomischen Regionen bei ALS-Patienten, zu einem geringen Anteil jedoch auch bei gesunden Personen. Fibrillationen hingegen wurden sowohl sonographisch als auch myographisch nur bei Patienten gefunden. In der Detektion von Faszikulationen zeigte sich der Ultraschall dem EMG deutlich überlegen, wohingegen das EMG im Vergleich zum Ultraschall in der Feststellung von Fibrillationen und/oder positiv scharfen Wellen sensitiver war. Die überwiegende Anzahl aller Patienten zeigte in beiden Untersuchungen äquivalente Ergebnisse. Nach den Awaji-Shima-Kriterien zeigte keine Person aus der Kontrollgruppe in mehr als 2 von 4 anatomischen Regionen Zeichen der Affektion des 2. Motoneurons. Die Sensitivität, Zeichen des 2. Motoneurons festzustellen, konnte durch die Kombination von Ultraschall und EMG im Vergleich zur alleinigen Verwendung des EMG von 62% auf 90% gesteigert werden. Somit konnte die Diagnosestellung einer ALS erleichtert werden.

Zusammenfassung: Praktisch bietet die sonographische Erfassung von Echogenität und Spontanaktivitäten wie Faszikulationen und Fibrillationen für die Diagnosestellung von Motoneuronerkrankungen unter Berücksichtigung der Awaji-Kriterien eine sinnvolle Ergänzung zu den klassischen elektrophysiologischen Methoden. Muskelultraschall ist eine nicht-invasive, schnelle und leicht anwendbare Methodik, um neuromuskuläre Erkrankungen zu beurteilen und kann die Methodiken des Goldstandards ausgezeichnet ergänzen.