Klinische Neurophysiologie 2013; 44 - P83
DOI: 10.1055/s-0033-1337224

Emotionale Verarbeitung visueller Stimuli – eine event related fMRT-Studie

M Sczesny-Kaiser 1, M Lenz 1, T Schmidt-Wilcke 1, M Tegenthoff 1
  • 1BG-Universitätsklinikum Bergmannsheil Bochum, Neurologische Klinik und Poliklinik, Bochum, Deutschland

Einleitung:

Die Verarbeitung emotionaler Reize stellt einen komplexen kognitiven Mechanismus dar. Die fMRT ermöglicht neuronale Korrelate darzustellen. Mit dem International Affective Picture System (IAPS) stehen Bilder zur standardisierten Untersuchung zur Verfügung. Verschiedene Aktivierungsmuster konnten für an- und unangenehme Reize gezeigt werden. Unangenehme Reize erzielten Amygdalaaktivierungen (Gerdes et al. 2010). Das Maß Pleasure korrelierte positiv mit Aktivierungen im Ncl. caudatus und accumbens; die Amygdala-Aktivierung mit dem Maß Arousal. In unserer Studie nutzten wir ein event-related Design zur Präsentation der IAPS.

Material und Methode:

Wir untersuchten 12 Probanden im 3T Scanner (Philips Achieva). Für die BOLD-sensitiven Bilder wurde eine Gradientenecho-EPI-Sequenz (TR 3 Sek., TE 35 ms, 2 × 2 × 3 mm Voxelgröße) verwendet, mit 39 transaxial ausgerichteten Schichten. Wir präsentierten 60 IAPS in den Kategorien unangenehm, angenehm und neutral (mittlere Valence- und Arousalwerte: Valence 7,7, Arousal 4,4 (angenehm); Valence 1,8, Arousal 6,7 (unangenehm) und Valence 4,9, Arousal 2,9 (neutral)). Ein Bild wurde für 6 Sek. dargeboten, gefolgt von 12 Sek. Pause mit einem Fixationskreuz. Die Onsets wurden gejittert; die Bildreihenfolge pseudorandomisiert. Das Preprocessing beinhaltete Slice-timing, Realignment, Normalisierung (2 × 2x2 mm3 Voxel) und Smoothing (FWHM 6 mm). In der First-level-Analyse wurde das statistische Modell definiert, mit den 3 Regressoren (unangenehm, angenehm und neutral) sowie den sechs Bewegungsparametern als störende Variablen. Für die Gruppenanalyse verwendeten wir ein Flexible-factorial Design mit den Kontrasten unpleasant > neutral und pleasant > neutral. Das Signifikanzniveau wurde mit einem p-Wert von 0,001 unkorrigiert gesetzt (k = 10 Voxel).

Ergebnisse:

Es zeigten sich für den Kontrast unangenehm > neutral folgende Aktivierungen: inferiore okzipitale Gyri bds., mittlerer okzipitaler Gyrus rechts, Gyri fusiformes bds., frontaler medialer Gyrus links, Ncl. caudatus bds., linke Amygdala und inferiorer frontaler Gyrus bds. Für den Kontrast angenehm > neutral fanden sich Aktivierungen in den inferioren okzipitalen Gyri bds., frontalen medialen Gyri bds., Ncl. caudatus bds. und im inferioren frontalen Gyrus rechts. Die Aktivierung in den inferioren okzipitalen Gyri war bei der Darbietung unangenehmer Reize stärker als bei angenehmen. Die Aktivierung im medialen frontalen Gyrus war bei der Darbietung angenehmer Reize stärker als bei der Darbietung unangenehmer Reize.

Diskussion:

Wir konnten zeigen, dass die standardisierte Untersuchung der Emotionsverarbeitung mittels IAPS und einem event-related-Design möglich ist und sich vergleichbare Aktivierungen wie in der Blockdesignstudie von Gerdes et al. 2010 ergeben. Es zeigten sich Aktivierungen in der Amygdala bei unangenehmen, nicht jedoch bei angenehmen IAPS. Entsprechend den Studien von Lang und Bradley (1998, 2003) sahen wir bei unangenehmen Bildern wahrscheinlich aufgrund des größeren Arousal eine stärkere Aktivierung in visuellen Arealen rechtsbetont. Dabei spielt der inferiore okzipitale Gyrus bei primär motivationalen Inhalten (Erotik, Verstümmelung, Bedrohung) eine wichtige Rolle. Die Aktivierungen im Nucleus caudatus deuten wir im Rahmen der Erwartungshaltung und der Frühphase der Bewertung affektiver Stimuli. Weitere Untersuchungen (Konnektivitäsanalysen) werden angestrebt.